07.06. – 09.06.2018 Bequia – Union Island – Grenada
Franz
Da der Zeitpunkt unseres „haul out“ (das Schiff aus dem Wasser kranen) immer näher rückt und wir bis Trinidad noch eine Strecke zu bewältigen haben, hatten wir uns zur Weiterfahrt entschlossen. Nach dem Frühstück hieß es Anker auf und Motor an. Nachdem wir die Bucht bis in tieferes Wasser verlassen hatten, hissten wir die Segel. Mit einem (nahezu) Halbwindkurs rauschten wir in südliche Richtung zur nächsten Insel Bequia. Nach diesen riesigen Strecken, die wir bislang, meist gegen den Wind, bzw. im günstigsten Fall hart am Wind bewältigt haben, war diese Art des Segelns der reinste Balsam. So war es fast schon schade, als wir um 14:00 nachmittags die Admirality Bay in Bequia erreichten. Da diese Insel ebenfalls zu den Grenadinen gehört, entfiel das lästige Einklarierungs-Prozedere. Da unsere Wasservorräte verbraucht und unser Dieseltank ebenfalls fast leer war, liefen wir die dortige Tankstelle an. Leider war das „Fuel Dog“ durch zwei Katamarane belegt. Wir fuhren langsam näher, bis uns der Tankwart bemerkte. Nachdem wir ihm unsere Absicht schilderten, wies er uns an, längsseits an einem der Kats festzumachen. Diese Art des Anlegens nennt man „im Päckchen“. Nach dem Tanken ankerten wir in sehr kurzer Distanz zum Ufer (wir mussten mangels Außenbordmotors rudern), nahe der Uferpromenade. Port Elisabeth, so hieß der Ort, umschließt in einer Halbmondform die Bucht. An der Promenade reihten sich eine Vielzahl von Geschäften, Restaurants und Kaffees. Die Häuser waren, typisch karibisch, in den buntesten Farben bemalt. Überall war laut Musik zu hören.
Am darauffolgenden Tag verließen wir Bequia und segelten zur südlichsten Grenadinen-Insel, mit einem Ausklarierungshafen, Union Island. Da wir aufgrund des beständig wehenden Passats gut einschätzen konnten, wie schnell wir segeln, ließen wir uns mit dem Auslaufen Zeit. Nach dem Frühstück machten wir ein paar Besorgungen und schlenderten noch einmal die Uferpromenade ab. Um 11:00 schließlich lichteten wir dann den Anker und fuhren die beeindruckende Bucht hinaus. Nachdem wir den letzten Felsvorsprung umrundet hatten, hieß der neue Kurs: Süd in beeindruckender Fahrt mit 7 bis 8 Knoten. Somit war es nicht verwunderlich, dass bereits um 16:15 im 31 SM entfernten Clifton der Anker fiel. Dadurch war es uns möglich, noch am selben Nachmittag zum nahe gelegenen Flugplatz zu laufen, um dort auszuklarieren. Da das Wetter regnerisch war, entschlossen wir uns dazu, am nächsten Morgen früh aufzustehen und die knapp 50 SM nach Grenada weiter zu segeln.
Um halb acht Uhr morgens hoben wir den Anker und segelten mit halben Wind auf Süd-Kurs, Grenada entgegen. Ich wollte auch mal wieder fischen. also ließ ich meine Handline mit dem Gummiköder ins Wasser und schleppte diesen, zwei Bootslängen entfernt, hinter uns her. Dann ging es ans Trimmen der Segel und schon nahm Aton rauschender Fahrt auf. Es dauerte nicht lange und wir fuhren mit durchschnittlich 8,5, zeitweise bis zu 10 Knoten. Als ich nun zurückblickte, um meinen Angelköder zu kontrollieren, sah ich, wie dieser nur noch wie ein schräg geworfener Stein über die Wasseroberfläche flippte, da wir so schnell waren. Ich widmete meine Konzentration wieder dem Segeln und versuchte, mein Schiff durch das Nachsetzen der Schoten sowie der optimalen Ruderstellung besser kennen zu lernen. Beim Absenken des Schwenkkiels bemerkte ich, dass der Kiel nach dem Betätigen des Hydraulikventils nicht mehr selbstständig ausrauschte (durch sein enormes Eigengewicht war dies bis dato der Fall). In mir stieg die Befürchtung, dass durch die bereits erwähnte Grundberührung vor wenigen Tagen an der Mechanik ein Schaden entstanden war. Somit pumpte ich den Kiel in die gewünschte Stellung (etwas, was man nur mit einem Hub – oder Schwenkkielboot machen kann) und überprüfte die Abdrift. Das Ergebnis meiner Bemühung war eine unaufgeregt dahingleitende Aton mit 9 Knoten Geschwindigkeit und einer moderaten Kränkung, einfach herrlich. Als ich nun, selbstzufrieden wie ich war, zufällig einen Blick zurück auf meinem Köder richtete, sah ich, wie etwas aus dem Wasser auftauchte. Im selben Moment riss sich die Angelschnur aus meinem Bissanzeiger (eine mit einem Gummiring, befestigte Wäscheklammer) und spulte sich aus der Rolle. Glücklicherweise hatte ich mir vorher bereits meine Arbeitshandschuhe übergezogen. Sofort hechtete ich zur Handline und zog beherzt an der Schnur. Im nächsten Moment war mir klar, dass ein Fisch am Haken hing. Allerdings konnte ich nicht richtig das Gewicht einschätzen. Manchmal war die Zugkraft enorm, manchmal fast nicht spürbar. Ich begann die Angelschnur kontinuierlich aufzuwickeln und beobachtete dabei das Wasser. Als ich ca. 10 Meter eingeholt hatte, konnte ich unseren Fang zum ersten Mal begutachten.
Leider war es wieder mal ein Barracuda (sie schmecken nicht und es besteht die Gefahr, sich mit Ciguatera zu vergiften). Aufgrund der enormen Geschwindigkeit von Aton wurde unser Fang buchstäblich über das Wasser gezogen. Somit konnte der Fisch kaum Gegenwehr aufbauen. Nachdem ich den Fisch an Bord gehievt hatte, befreiten wir diesen vom Haken und warfen ihn zurück ins Meer. Da wir mittlerweile sehr nah an Grenada angelangt waren, stellte ich das Angeln ein und konzentrierte mich wieder aufs Segeln. Die letzten 20 SM lieferten wir uns ein Rennen mit einem recht großen Kat. Am Südende von Grenada angelangt, mussten wir schließlich die Segel bergen und die restliche Strecke von ca. 3 SM mit Motorkraft gegen 25 Knoten Wind in die Prickle Bay einlaufen. Schließlich ließen wir um 14:00 nach 47,5 SM den Anker fallen. Da wir Sonntag nachmittags ankamen, hissten wir unsere Q-Flagge und beschlossen, am folgenden Tag Einzuklarieren.
Nach einem ausgezeichneten Frühstück am nächsten Morgen, bestiegen wir unser Dinghi und ruderten in die nahegelegene Marina. Dort ging unser erster Weg zum Gebäude der Zollbehörde. Ein Schild verwies uns in den ersten Stock. Dort angekommen klopften wir an die Tür des Büros. Als wir eintraten, erblickten wir zwei Beamte, die sehr konzentriert in einen Computerbildschirm blickten und sich angeregt zu unterhalten schienen. Sowie sie uns sahen, setzten sie eine strenge Miene auf und machten einen sehr beschäftigten Eindruck. Nachdem mir einer der Beamten ein Formblatt zum Ausfüllen überreicht hatte und ich begonnen hatte, die geforderten Informationen einzutragen, wendeten sich die beiden interessiert dem Geschehen auf besagtem Bildschirm zu. Die Computerlautsprecher bestätigten meinen Verdacht, dass die Jungs einem Video folgten. Als ich mein Formblatt ausgefüllt einem der beiden Beamten überreichte, tippte dieser an einem zweiten Rechner, um die Einreiseformalitäten abzuschließen. Plötzlich wurden die Geräusche aus den Lautsprechern lauter und mit einem Mal zuckten beide Zollbeamten zusammen. Gut, dass wir es nicht eilig hatten, denn nun war es anscheinend so spannend, dass die Arbeit unterbrochen, und die Szene angeschaut wurde. Im anschließenden Diskurs kommentierten die beiden völlig entrüstet die von ihnen beobachtete Filmsequenz (es muss sich augenscheinlich um einen Psychothriller gehandelt haben). Wir verfolgten belustigt die Unterhaltung der beiden und bekamen schließlich unsere Papiere und Stempel.