Franz:
Ok, geschafft! Alle Segler unter Euch kennen diesen Moment, wenn nach einem aufregenden und anstrengenden Segeltag (wie wir ihn zweifelsohne erfahren hatten) der Anker gefallen und das Schiff sicher liegt. Man ist glücklich und mit sich und der Welt im Reinen. Wir trinken das obligatorische Anlegerbier. Danach heißt es, Schiff klar machen, etwas zum Essen machen, duschen (ja, das können wir auch auf unserem Schiff, sowohl innen, als auch außen) und danach ein kleines Nickerchen. Die frische Luft und die Anstrengung fordern ihren Tribut! Als wir später erwachten, hieß es erstmal, eine Internetverbindung aufzubauen und uns auf den neuesten Stand zu bringen. Danach galt es, unsere Mitsegler (Ihr wisst schon, Frank und Birgit von der Cayluna) zu informieren, dass wir glücklich angekommen sind. Da das Wetter regnerisch und bewölkt war, lehnten wir eine Einladung zum gemeinsamen Essen in einem Restaurant in Nassau seitens der Cayluna-Crew dankend ab. Wir waren einfach zu erledigt. Nachdem wir wieder auf dem Laufenden waren und unsere Pflichten an Bord erledigt hatten, genossen wir noch den Sun-Downer in unserem Cockpit, mit Blick auf´s berühmte Hotel Atlantis und der Cayluna vor der Harbour Bridge.
Danach hieß es „ab ins Bett“. Seit wir uns in den Tropen befinden, haben wir uns einen komplett anderen Schlafenszyklus angewöhnt. Da die Sonne bereits um 19:00 Uhr untergeht, sind wir meistens ab 21:00 Uhr im Bett. In Deutschland hätte ich jeden, der mir dies prophezeit hätte, nicht geglaubt. Aber so gleicht man sich an die Umgebung an. Doch bevor wir ins Bett gingen, wollte ich oben (im Cockpit) noch nach dem Rechten sehen. Mit der kleinen Taschenlampe bewaffnet stieg ich den Niedergang hoch und machte einen Rundblick. Plötzlich war ich in Schockstarre: Die kleine Ketch (Zweimaster), welche ich bei der Wahl des Ankerplatzes, inclusive der Berechnung unseres Schwoikreises (der maximale Radius, den das Schiff mit der Ankerkette sich um den Anker bewgt) in sicherer Entfernung querab hatte, befand sich keine 2 !! Meter hinter unserem Heck. Mit einem Bootshaken hätte ich locker das Schiff erreichen können. Wie von der Tarantel gestochen rief ich Michi, sie solle alles liegen und stehen lassen, und den Anker zum Bergen bereit machen. Während ich den Steuerstand frei machte, den Motor und den Plotter startete, war Michi ins Cockpit gestürzt, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen. Ich hieb den Gashebel in Richtung Vorwärtsfahrt und langsam bewegte sich Aton vom Nachbarschiff weg. Nachdem Michi den Anker geborgen hatte, schwoiten wir im Hafenbecken herrum, auf der Suche nach einem sicheren Ankerplatz. Ich versuchte mich zu erinnern, wie die Jachten lagen, als wir heute früh ankamen. Dabei fiel mir auf, dass vermutlich hervorgerufen durch Gezeitenströmung, die Schiffe komplett ihre Positionen verändert hatten. Nun waren wir in der unvorteilhaften Situation, mitten in der Nacht aufgrund der Lage der ankerliegenden Jachten, einzuschätzen, wo deren Anker lagen und wie deren Schwoikreis zu berechnen wäre. Schließlich, nach mehreren Versuchen, gelang es uns, Aton in eine sichere Position zu manövrieren. Als endlich der Anker gefallen und der Halt des Ankers durch mehrmaliges Rückwärtsfahrens sichergestellt war, gingen wir, unter Zuhilfenahme unserer AnkerApp , ins Bett. Endlich Ruhe, selbst Michi, die normalerweise einen sehr leichten Schlaf hat, schlief diese Nacht durch.
Am nächsten Morgen galt unser erster Blick unserer Position. Wir hatten uns strömungsbedingt ausgerichtet, hatten uns aber gegenüber den anderen Jachten nicht verändert. Klasse, der Tag kann kommen. Auch das Wetter klarte auf und Sonnenschein empfing uns, was will man mehr? Nach dem Morgenkaffee im Cockpit (habe ich eigentlich schon erwähnt, dass dies mein wichtigster Moment des Tages ist?), gingen wir den Tagesplan durch. Obwohl heute Sonntag ist, haben einige Geschäfte geöffnet. Deswegen haben Birgit und Frank von der Cayluna sich bereiterklärt, uns in Nassau die interessanten Einkaufsmöglichkeiten zu zeigen. Also hieß es, Dinghy bereitmachen, Außenbordmotor anbringen, diesen tanken, Rucksack und Geld herrichten und uns für den ersten Landgang vorbereiten. Nachdem alles vorbereitet war, kletterte Michi als erstes ins Dinghy und startete den Außenbordmotor (ja meine Herrn, das kann sie richtig gut). Ich löste die Leinen und wir fuhren zur Cayluna. Dort angekommen begrüßte uns Frank mit den Worten:“ Hast Du meine Whats App gelesen?“, was ich verneinte. Er sagte mir darin, dass wir doch die Pässe mitnehmen sollten, da in den Bahamas bei Bezahlung mit Kreditkarten die Pässe vorzulegen sind. Also wieder zurück zum Schiff. Frank bot mir an, mit seinem Dinghy die ca 600 Meter zu Aton zurück zu fahren, was ich gerne annahm. Mit 15 PS und Gleitfahrt war es ein komplett anderes Vergnügen, als mit 4 PS Verdrängerfahrt, noch dazu gegen den Wind. Als alles erledigt war, fuhren wir mit zwei Booten in eine Marina. Dinghys anlanden, in die Stadt latschen, Geschäfte ausloten, einkaufen und anschließend wieder zurück. Also quasi ein Arbeitstag, am Sonntag, da möchte ich von den Daheimgebliebenen nichts hören, von wegen „die machen ja nur Urlaub“ und so. Wir luden alle unsere Einkäufe ins Beiboot und fuhren zurück. Als wir uns Aton näherten, sehen wir, dass der Ankerplatz, an dem wir unser Schiff verließen, verweist ist. Liebe Lesergemeinschaft, ich vermute, Ihr könnt die aufkommende Panik in uns nachvollziehen, welche uns just in diesem Augenblick erfasst hat! Einen Moment später sahen wir sie. Hunderte Meter weiter trieb unser Schiff mitten in der Hauptfahrwasserrinne des Hafens. Mit voller Kraft steuerten wir unser Dinghy zum Schiff. Im ersten Anlauf verfehlten wir unser Heck. Wir mussten wenden und erneut Aton ansteuern. Beim zweiten Anlauf konnte ich unsere Badeplattform greifen. Nachdem wir die Einkäufe aus dem Beiboot aufs Schiff gehieft, und das Beiboot ausreichend gesichert hatten, hieß es; Motor starten, Plotter an, Ankerbetätigung herrichten und Schiff zum Ablegen bereitmachen! In Rekordzeit waren wir damit fertig. Während ich in die Ankerkette dampfte, holte Michi den Anker auf. Erst jetzt kam ich zum Realisieren, was passiert war. Als wir nächtens den Anker versetzten, konnten wir den Grund nicht sehen. Die Ankertiefe betrug da 2,8 Meter. Da Michi 40 Fuß, also ca 13 Meter Kette steckte, wäre ausreichend Kettengewicht vorhanden gewesen. Vermutlich hatten wir aber keinen Sandgrund sondern Bewuchs. Der Anker grub sich erst mal ein. Während aber die Gezeitenströmung tagsüber von der anderen Seite wirkte (hier herrscht eine Stömung als ob man in der Isar ankert), hat sich unser Anker vermutlich ausgebrochen. Jedenfalls hat Aton ihren Anker hinter sich her gezerrt, bis er irgendwo noch etwas Halt fand. Als wir den Anker geborgen und Fahrt aufgenommen hatten, wich die Anspannung. Ich realisierte, dass unser Rettungsmanöver nicht unbemerkt blieb. Bei einigen ankerliegenden Jachten waren plötzlich Menschen zu sehen, die dieses Spektakel verfolgten. Glücklicherweise konnten wir sehr nahe an Cayluna einen sandigen Ankergrund finden. Anker fallen und eingraben, Kette geben, abermals rückwärts und sehen, wie sich die Kette strafft. Kein rucken, das Schiff sitzt fest. Geschafft, der Schreck sitzt uns beiden noch in den Knochen, aber jetzt sind wir wieder im Spiel. Langweilig geht anders, soviel ist klar. Michi macht aus der mitgebrachten Papaja einen Papajasalat. Ein Gedicht, sag ich Euch. Für den Sun Downer mixen wir uns einen Rum Punsch mit echtem karibischen Rum.
Was für ein Tag!