Autor: Aton-Crew

31.01.2019 Rose Island

31.01.2019 Rose Island

Michi
Nach unserem Anker-Fiasko beschlossen wir, die Wartezeit bis Lothar`s Ankunft am 04.02. auf Nassau`s Nachbarinsel Rose Island zu verkürzen. Wir durchquerten das große Hafenbecken, wobei wir an wunderschönen Villen und Häusern vorbeikamen; natürlich hat jeder eine protzige Yacht vor dem Haus stehen. Auf dem kurzen Weg nach Rose Island wechselten wir den Anker. Wieder einmal war ich sehr froh, einen starken Mann an Bord zu haben, der immer eine Idee hat, wie anstehende Aufgaben zu lösen sind. Franz hievte den neuen Anker über die Rehling, und somit ist dieses Kapitel hoffentlich nun erledigt.

Wir fanden einen schönen Ankerplatz, wo bereits eine handvoll Yachten den schönen Tag genossen. Rose Island ist eine langgezogene, schmale Insel. Hier war auch der Schwell, der in Nassau allgegenwärtig ist, endlich weg. Da am nächsten Tag auch der Wind nachließ, beschlossen wir, die ruhige Lage Atons zu nutzen, um unseren Windgenerator, der bei der Sturmfahrt nach Nassau den Geist aufgegeben hatte, zu untersuchen. Franz holte das Gerät von seinem Platz über dem Cockpit herunter, und begann, der Sache auf den Grund zu gehen. Um die Verkabelung zu erneuern, mussten wir mal wieder alles ausräumen. Sowohl innen, als auch aussen stapelten sich einmal mehr unsere Schätze, die wir dort lagern. Ich machte mich unter anderem daran, sämtlich Boden-Fugen in unserem Bad mit Silikon abzudichten. Pünktlich zum Sonnenuntergang waren wir soweit fertig, und genossen den Abend auf unserer „Terrasse“, dem Heck Aton`s.

Am nächsten Tag wollten wir zur Abwechslung mal eine Exkursion machen, und suchten uns mit den Dingi eine Anlegestelle, was gar nicht so einfach war (felsige Küste, und alle Anleger auf Privat-Grundstücken). Aber Frechheit siegt: wir sind durch ein Privat-Grundstück gelatscht, auf dem offensichtlich niemand wohnt; das Gebäude war halb verfallen, hatte aber einen fantastischen Ausblick. Dann fanden wir einen Pfad, der uns quer durch den Busch, der hier hauptsächlich aus Pinien und Palmen besteht, auf die andere Seite der Insel führte. Bereits von Weitem sahen wir durch die Bäume das türkisblaue Wasser leuchten. An der Westseite der Insel angekommen, sahen wir kilometerweit weiße, feinpudrige Strände und das unglaubliche Farbenspiel des Meers in allen Türkis- und Blautönen, die man sich vorstellen kann. Wir liefen lange am Strand entlang und konnten uns nicht sattsehen, am Farbenspiel des Wassers.

Ob ihr`s glaubt, oder nicht, aber das war bisher einer der ganz wenigen Tage, die sich wie Urlaub angefühlt haben. Immerzu haben wir irgendetwas zu erledigen, organisieren oder reparieren. Außerdem ist ein ganz normaler Haushalt zu führen, mit kochen, einkaufen, putzen, waschen, spülen. Nur, dass alles viel aufwändiger ist, ohne Auto, ohne Spülmaschine, ohne Wäschetrockner. Ich will mich nicht beklagen, wir können uns den Tag einteilen, und alles in Ruhe angehen. Aber es ist keinesfalls so, dass wir nur chillen und faulenzen. Auf jeden Fall haben wir diesen Tag auf Rose Island sehr genossen, und hoffen, dass noch ganz viele solche „Urlaubstage“ kommen.

28./29.01.2019 Das Drama nimmt (k)ein Ende Teil III

28./29.01.2019 Das Drama nimmt (k)ein Ende Teil III

Franz:

Inmitten meiner Überlegungen klingelte mein Handy. Es war Frank, unser Retter, der sich über unser Befinden erkundigte und uns zu unserem geglückten Manöver beglückwünschte. Ich wiederum bedangte mich recht herzlich für seine rechtzeitige Warnung. Nicht auszudenken, was hätte passieren können. Ich teilte Frank den Stand meiner Überlegungungen mit, die zum Ausbrechen des Ankers geführt haben könnten. Er fragte mich, was für einen Anker wir denn hätten. Als ich ihm sagte, dass unser Hauptanker ein Fortress- Plattenanker sei, schlug er mir vor, bei Youtube einen Test der Zeitschrift Yacht anzusehen. Darin sei sehr anschaulich beschrieben, wie Plattenanker zum slippen (langes Übergrundschlittern ohne sich einzugraben) neigen. Der Test würde auch Kaufempfehlungen geben. Er hat sich danach gerichtet und für Cayluna einen Pflugscharanker vom Typ Cobra gekauft. Diese Anschaffung habe er bis zum heutigen Tage nicht bereut.

Nach eingehendem Studium des Testberichtes, sowie diverser Veröffentlichungen von Fachbeiträgen über Anker, bin ich zu zwei Schlüssen gekommen. Der Plattenanker ist als Hauptanker nicht die richtige Wahl und sein Gewicht ist für die enorme Masse Atons unterdimensioniert. Also muß ein neuer her. Zum Glück sind wir in Nassau. Da noch etliche andere Dinge anzuschaffen waren, beschlossen wir am folgenden Tag einzukaufen.

Da die Cayluna an diesem Dienstag in Richtung Exumas auslief, hieß es Abschied nehmen, mit dem Versprechen, in Kontakt zu bleiben. Während die Cayluna langsam in Richtung Harbour Bridge davonfuhr, machten Michi und ich unser Dinghy klar. Da dies ein Großeinkauf wurde, nahmen wir unsere zusammenklappbare Sackkarre mit und fuhren in Richtung Einkaufszentren. Nachdem wir am Vorabend bereits bei einem Yachtausstatter telefonisch anfragten, ob dieser auch Anker in seinem Programm führe und er dies bejate, führte uns unser Weg zuerst dorthin. Allerdings entpuppte sich das dortige Angebot als viel zu klein für Aton. Erst nach dem Vierten Anlauf wurden wir fündig. Da dieses Geschäft auch für die meisten unserer anderen Wünsche Lösungen parat hatte, schleppten wir am Ende glücklich, aber etliche hunder Dollar leichter, unsere schwere Last den weiten Weg zurück zum Beiboot. Da wir auch einige Reservekannister gekauft hatten und diese auch gleich betankten, lag das Dinghy auf der Fahrt zu Aton sehr tief im Wasser. Nach dem Entladen der Einkäufe machten wir uns erst mal ein Essen. Während des Tages hatte sich das Wetter wieder deutlich gebessert. Den Sundowner genossen wir an diesem Abend ganz besonders. Nun war ich mir sicher, dass wir zukünftig nachts wieder ruhig schlafen können.

28.01.2019 Das Drama nimmt kein Ende Teil II

28.01.2019 Das Drama nimmt kein Ende Teil II

Franz:

Nach den dramatischen Erlebnissen der letzten Tage war unser Vertrauen in unsere Ankerkünste doch sehr stark gesunken. Deswegen hatten wir beide eine sehr unruhige Nacht, noch verstärkt durch die Tatsache, dass der Wind laut Wettervorhersage während der Nacht auffrischen und von Nord auf Süd drehen würde. Stetig begannen die Geräusche des Windes durch unsere Takelage zuzunehmen. Die  Schlingerbewegungen des Schiffes nahmen von Minute zu Minute zu, und der aufkommende Schwell ließ Aton auf und ab schwingen.  Durch diese Eigenbewegungen entstanden weitere Geräusche durch schlagende Fallen, klopfende Fender und flatternde Spayhood. Immer wieder kletterten wir duch unser Dachluk heraus, um die Position unseres Schiffes zu kontrollieren und die Ursache eines bestimmten Geräusches zu ermitteln, wobei ich unumwunden zugeben muss, daß Michi mehr als doppelt so oft nachgesehen hat, als ich (ich bin bei meinen Freunden bekannt dafür, einen sehr gesunden Schlaf zu haben). Aber irgendwann schläft man eben vor Erschöpfung und übernächtigt ein.

Am nächsten Morgen erwachten wir recht früh. Da wir uns mitlerweile an die Windgeräusche gewohnt hatten, war die innere Anspannung etwas gewichen. Plötzlich klingelte mein Handy. Ich sprang aus meinem Bett und nahm das Gespräch entgegen. Am anderen Ende war Frank von der Cayluna. Grußlos sagte er nur: „Franz starte sofort deine Maschine. Ihr treibt schon wieder ab.“ Nur mit Shorts bekleidet spurtete ich durch den Salon, rief Michi zu, sie solle den Anker fertig machen und hechtete den Niedergang hoch. Motor starten, Abdeckungen von den Monitoren entfernen, Plotter starten, Bugstrahlruder aktivieren, all das habe ich in Rekordzeit absolviert. Zwischenzeitlich hat Michi die Handfunkgeräte bereitgemacht und war zum Ankerkasten gespurtet. Nach wenigen Sekunden kam Ihre Fertig-Meldung. Abermals dampfte ich gegen den enormen Zug der Ankerkette, um die Arbeit der Ankerwinch zu vereinfachen. Michi gab mir mit ihrem Arm die Richtung vor, in der unser Anker lag. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam von Michi die Meldung „Anker ist auf“. Dabei drohten wir durch die Abdrift des Windes auf ein anderes Schiff aufzulaufen. Nur durch beherztes Gas geben konnten wir einer Karambolage entgehen. Mit Müh und Not bekam ich soviel Fahrt ins Schiff, dass ich wieder Herr der Lage war und in sicheres Fahrwasser gelangte. Erst jetzt realisierte ich, dass der Wind komplett gedreht hatte und mit voller Wucht gegen den Gezeitenstrom anstand. Wer schon einmal mit Booten zu tun hatte, und das Zusammenspiel von Strom und Wind erlebt hat, kann vermutlich ermessen, was wir in diesem Moment durchlebt haben. Jetzt galt es erneut, in dieser aufgewühlten Situation, eine sichere Ankerposition zu finden. Wir fuhren zwischen den hin und hertanzenden Schiffen hindurch. Ich versuchte gegen das Rauschen des enormen Windes, Michi zu signalisieren, was ich vor hatte. Dabei bemerkte ich, dass Michis Handfunkgerät anscheinend nicht funktionierte. Keine meiner Anfragen an sie wurden beantwortet. Mit einem Blick zu ihr konnte ich sehen, wie sie in´s Handheldgerät sprach, bei mit aber nichts ankam. Auch das noch! Durch lautes Zurufen konnte ich ihr aber schließlich deuten, dass wir nun auf Handzeichen hin kommunizieren. Ich deutete Michi an, auf Sandflächen hin Ausschau zu halten und deren Lage mir durch Handzeichen anzuzeigen. Bei einem ersten Versuch, den Anker an eine geeignete Stelle zu platzieren, wurden wir um ein Haar auf einen Katamaran getrieben. In letzter Sekunde konnte ich einen Zusammenstoß vermeiden. Beim zweiten Versuch gelang es uns besser. Ich konnte Aton in den Wind stellen und uns langsam der Sandfläche nähern. Als wir genau darüber waren, gab ich Michi das Zeichen, den Anker fallen zu lassen. Wir gaben die zehnfache Länge an Ankerkette, im Vehältnis zur Wassertiefe und streckten anschließend die Kette, bis der Anker sicher eingegraben war. Nach mehrmaligem einfahren stellten wir die Maschine ab. Danach ließen wir uns erst mal auf unsere Sitzbank im Cockpit fallen, um zu realisieren, wie es überhabt dazu kommen konnte.

Nun versuchte ich die ganze Sache zu analysieren:

Bei unserem ersten Ankerversuch nach der Sturmfahrt haben wir zugegebenerweise aufgrund des eingetrübten Wassers nicht mit der gebotenen Gründlichkeit den Ankergrund kontrolliert. Nachdem wir bei Dunkelheit das zweite mal den Anker setzten, wäre das danachfolgende Ausbrechen des Ankers auch noch erklärbar. Dieses mal aber war ich mir sehr sicher, dass der Ankergrund rein und der Anker gut eingefahren war. Somit konnte ich den Ankergrund als Ursache ausschließen. Der nächste, auffällige Aspekt bei all den mißlungenen Ankermanövern war die extrem große Strömung gepaart mit starkem Wind. Als wir gestern das letzte Mal den Anker setzten, war der Wind und die Strömung aus der selben Richtung. In dieser Nacht drehte aber der Wind um 180 Grad und stzte mit großer Kraft gegen den Gezeitenstrom. Dies könnte dazu geführt haben, dass der Anker ausbricht. Aber warum grub er sich anschließend nicht gleich wieder ein?

 

 

26./27.01.2019 Nassau, Anker-Fiasko Teil I

26./27.01.2019 Nassau, Anker-Fiasko Teil I

Franz:

Ok, geschafft! Alle Segler unter Euch kennen diesen Moment, wenn nach einem aufregenden und anstrengenden Segeltag (wie wir ihn zweifelsohne erfahren hatten) der Anker gefallen und das Schiff sicher liegt. Man ist glücklich und mit sich und der Welt im Reinen. Wir trinken das obligatorische Anlegerbier. Danach heißt es, Schiff klar machen, etwas zum Essen machen, duschen (ja, das können wir auch auf unserem Schiff, sowohl innen, als auch außen) und danach ein kleines Nickerchen. Die frische Luft und die Anstrengung fordern ihren Tribut! Als wir später  erwachten, hieß es erstmal, eine Internetverbindung aufzubauen und uns auf den neuesten Stand zu bringen. Danach galt es, unsere Mitsegler (Ihr wisst schon, Frank und Birgit von der Cayluna) zu informieren, dass wir glücklich angekommen sind. Da das Wetter regnerisch und bewölkt war, lehnten wir eine Einladung zum gemeinsamen Essen in einem Restaurant in Nassau seitens der Cayluna-Crew dankend ab. Wir waren einfach zu erledigt. Nachdem wir wieder auf dem Laufenden waren und unsere Pflichten an Bord erledigt hatten, genossen wir noch den Sun-Downer in unserem Cockpit, mit Blick auf´s berühmte Hotel Atlantis und der Cayluna vor der Harbour Bridge.

Danach hieß es „ab ins Bett“. Seit wir uns in den Tropen befinden, haben wir uns einen komplett anderen Schlafenszyklus angewöhnt. Da die Sonne bereits um 19:00 Uhr untergeht, sind wir meistens ab 21:00 Uhr im Bett. In Deutschland hätte ich jeden, der mir dies prophezeit hätte, nicht geglaubt. Aber so gleicht man sich an die Umgebung an. Doch bevor wir ins Bett gingen, wollte ich oben (im Cockpit) noch nach dem Rechten sehen. Mit der kleinen Taschenlampe bewaffnet stieg ich den Niedergang hoch und machte einen Rundblick. Plötzlich war ich in Schockstarre: Die kleine Ketch (Zweimaster), welche ich bei der Wahl des Ankerplatzes, inclusive der Berechnung unseres Schwoikreises (der maximale Radius, den das Schiff mit der Ankerkette sich um den Anker bewgt)  in sicherer Entfernung querab hatte, befand sich keine 2 !! Meter hinter unserem Heck. Mit einem Bootshaken hätte ich locker das Schiff erreichen können. Wie von der Tarantel gestochen rief ich Michi, sie solle alles liegen und stehen lassen, und den Anker zum Bergen bereit machen. Während ich den Steuerstand frei machte, den Motor und den Plotter startete, war Michi ins Cockpit gestürzt, um sich ein Bild der Lage zu verschaffen. Ich hieb den Gashebel in Richtung Vorwärtsfahrt und langsam bewegte sich Aton vom Nachbarschiff weg. Nachdem Michi den Anker geborgen hatte, schwoiten wir im Hafenbecken herrum, auf der Suche nach einem sicheren Ankerplatz. Ich versuchte mich zu erinnern, wie die Jachten lagen, als wir heute früh ankamen. Dabei fiel mir auf, dass vermutlich hervorgerufen durch Gezeitenströmung, die Schiffe komplett ihre Positionen verändert hatten. Nun waren wir in der unvorteilhaften Situation, mitten in der Nacht aufgrund der Lage der ankerliegenden Jachten, einzuschätzen, wo deren Anker lagen und wie deren Schwoikreis zu berechnen wäre. Schließlich, nach mehreren Versuchen, gelang es uns, Aton in eine sichere Position zu manövrieren. Als endlich der Anker gefallen und der Halt des Ankers durch mehrmaliges Rückwärtsfahrens sichergestellt war, gingen wir, unter Zuhilfenahme unserer AnkerApp , ins Bett. Endlich Ruhe, selbst Michi, die normalerweise einen sehr leichten Schlaf hat, schlief diese Nacht durch.

Am nächsten Morgen galt unser erster Blick unserer Position. Wir hatten uns strömungsbedingt ausgerichtet, hatten uns aber gegenüber den anderen Jachten nicht verändert. Klasse, der Tag kann kommen. Auch das Wetter klarte auf und Sonnenschein empfing uns, was will man mehr? Nach dem Morgenkaffee im Cockpit (habe ich eigentlich schon erwähnt, dass dies mein wichtigster Moment des Tages ist?), gingen wir den Tagesplan durch. Obwohl heute Sonntag ist, haben einige Geschäfte geöffnet. Deswegen haben Birgit und Frank von der Cayluna sich bereiterklärt, uns in Nassau die interessanten Einkaufsmöglichkeiten zu zeigen. Also hieß es, Dinghy bereitmachen, Außenbordmotor anbringen, diesen tanken, Rucksack und Geld herrichten und uns für den ersten Landgang vorbereiten. Nachdem alles vorbereitet war, kletterte Michi als erstes ins Dinghy und startete den Außenbordmotor (ja meine Herrn, das kann sie richtig gut). Ich löste die Leinen und wir fuhren zur Cayluna. Dort angekommen begrüßte uns Frank mit den Worten:“ Hast Du meine Whats App gelesen?“, was ich verneinte. Er sagte mir darin, dass wir doch die Pässe mitnehmen sollten, da in den Bahamas bei Bezahlung mit Kreditkarten die Pässe vorzulegen sind. Also wieder zurück zum Schiff. Frank bot mir an, mit seinem Dinghy die ca 600 Meter zu Aton zurück zu fahren, was ich gerne annahm. Mit 15 PS und Gleitfahrt war es ein komplett anderes Vergnügen, als mit 4 PS Verdrängerfahrt, noch dazu gegen den Wind. Als alles erledigt war, fuhren wir mit zwei Booten in eine Marina. Dinghys anlanden, in die Stadt latschen, Geschäfte ausloten, einkaufen und anschließend wieder zurück. Also quasi ein Arbeitstag, am Sonntag, da möchte ich von den Daheimgebliebenen nichts hören, von wegen „die machen ja nur Urlaub“ und so. Wir luden alle unsere Einkäufe ins Beiboot und fuhren zurück. Als wir uns Aton näherten, sehen wir, dass der Ankerplatz, an dem wir unser Schiff verließen, verweist ist. Liebe Lesergemeinschaft, ich vermute, Ihr könnt die aufkommende Panik in uns nachvollziehen, welche uns just in diesem Augenblick erfasst hat! Einen Moment später sahen wir sie. Hunderte Meter weiter trieb unser Schiff mitten in der Hauptfahrwasserrinne des Hafens. Mit voller Kraft steuerten wir unser Dinghy zum Schiff. Im ersten Anlauf verfehlten wir unser Heck. Wir mussten wenden und erneut Aton ansteuern. Beim zweiten Anlauf konnte ich unsere Badeplattform greifen. Nachdem wir die Einkäufe aus dem Beiboot aufs Schiff gehieft, und das Beiboot ausreichend gesichert hatten, hieß es; Motor starten, Plotter an, Ankerbetätigung herrichten und Schiff zum Ablegen bereitmachen! In Rekordzeit waren wir damit fertig. Während ich in die Ankerkette dampfte, holte Michi den Anker auf. Erst jetzt kam ich zum Realisieren, was passiert war. Als wir nächtens den Anker versetzten, konnten wir den Grund nicht sehen. Die Ankertiefe betrug da 2,8 Meter. Da Michi 40 Fuß, also ca 13 Meter Kette steckte, wäre ausreichend Kettengewicht vorhanden gewesen. Vermutlich hatten wir aber keinen Sandgrund sondern Bewuchs. Der Anker grub sich erst mal ein. Während aber die Gezeitenströmung tagsüber von der anderen Seite wirkte (hier herrscht eine Stömung als ob man in der Isar ankert), hat sich unser Anker vermutlich ausgebrochen. Jedenfalls hat Aton ihren Anker hinter sich her gezerrt, bis er irgendwo noch etwas Halt fand. Als wir den Anker geborgen und Fahrt aufgenommen hatten, wich die Anspannung. Ich realisierte, dass unser Rettungsmanöver nicht unbemerkt blieb. Bei einigen ankerliegenden Jachten waren plötzlich Menschen zu sehen, die dieses Spektakel verfolgten. Glücklicherweise konnten wir sehr nahe an Cayluna einen sandigen Ankergrund finden. Anker fallen und eingraben, Kette geben, abermals rückwärts und sehen, wie sich die Kette strafft. Kein rucken, das Schiff sitzt fest. Geschafft, der Schreck sitzt uns beiden noch in den Knochen, aber jetzt sind wir wieder im Spiel. Langweilig geht anders, soviel ist klar. Michi macht aus der mitgebrachten Papaja einen Papajasalat. Ein Gedicht, sag ich Euch. Für den Sun Downer mixen wir uns einen Rum Punsch mit echtem karibischen Rum.
Was für ein Tag!

25/26.01.19

25/26.01.19

Franz:

Mist, wir haben verschlafen! Kurz nach sechs Uhr in der Früh klopft Frank (er und Birgit von der Cayluna wollen gemeinsam mit uns dieses Teilstück segeln) an unseren Schiffsrumpf. „Sorry Frank, wir beeilen uns“. In Windeseile ziehen wir etwas über, richten uns her, machen das Schiff klar und legen ab. Es ist noch stockdunkel, als wir die enge Hafenausfahrt passieren. Bereits nach wenigen Metern fällt hier der Grund auf mehrere hundert Meter Tiefe ab. Glücklicherweise haben wir in den Bahamas nicht das Problem, auf Krabbenreusen achten zu müssen, wie in Florida (ein wahrer Albtraum für Yachties). Nach der Ausfahrt fallen wir nach Süden ab und motoren mit Unterstützung der Genua (großes Vorsegel) mit stolzen 8,5 Knoten Richtung Cat Cay. Kurz vor Cat Cay legen wir abermals einen neuen Kurs Richtung Südwest an. Die Durchfahrt hier wird bereits sehr anspruchsvoll, da der sehr Tiefe Grund des Northwest Channel ansteigt auf teilweise einen Meter, und wir uns ab nun auf der Great Bahama Bank (einem von Korallen gebildeten und versandeten Plateau) befinden. Ab jetzt müssen wir sehr genau navigieren, da das Fahrwasser teilweise sehr eng ist. Nachdem wir die Durchfahrt passiert hatten,  drehten wir das Schiff in den Wind und setzten unser Großsegel. Und nun war Spaßsegeln angesagt. Bei etwa um die 20 Knoten Wind ging es nun in Rauschefahrt über smaragdgrünes, kristallklares Meer, unserem nächsten Ziel, Nassau, entgegen. Hier beweist Aton seine Stärke. Durch die Möglichkeit, Kiel und Ruder hydraulisch anzuheben, und somit unseren Tiefgang auf etwas weniger als einen Meter zu verringern, können wir mühelos der Cayluna (einem Fahrtenkatamaran ) folgen. Das Fahrwasser ist teilweise nur 1,8 Meter tief, was von normalen Kielbooten meistens nicht angefahren werden kann. Nachdem ein angekündigtes Sturmtief sich früher als prophezeit über uns aufbaut, beschließen wir, die Nacht in einer windabgewandten Bucht von Chub Cay zu verbringen. Unsere Mitsegler von der Cayluna hingegen segeln derweilen weiter, und erreichen Nassau gegen 23 Uhr abends, wie sie uns tagsdarauf berichten. Da hier in den Tropen die Nacht früh und schlagartig beginnt, ist es auch bei unserem Einlaufen in der Bucht in Chub Cay stockdunkel. Wir navigieren uns zwischen den Riffen, den Fischerbooten und den Ankerliegern hindurch, und bringen unseren Anker aus. Geschafft, 86,9 nautische Meilen haben wir mit teilweise bis zu 9 Knoten Fahrt hinter uns gebracht. Nun heißt es schlafen gehen und früh wieder raus, da wir vor dem Sturm Nassau erreichen wollen. Wir liegen schon im Bett, als wir durch seltsam schabende Geräusche wach werden. Das auch noch, unser Anker slippt. Also wieder raus, die Taschenlampen an, Motor an, Anker hoch und einen neuen Ankerplatz suchen. Mitten in der Nacht bei Null Sicht (bewölkt, kein Mondschein) ist so ein Manöver an einer Koralleninsel nicht einfach, wie ihr Euch denken könnt. Doch wir werden fündig. Den Anker nochmals richtig einfahren, das Ankerwache-App aktiviert, und ab in die Koje.

Um 03:30 Uhr wecken uns unsere beiden Handywecker. Das passiert uns nicht nochmal, dass wir verschlafen. Diesmal bereiten wir unsere Abfahrt nicht mehr so überstürzt vor. Motor an, Großsegel hoch,  Anker auf und Michi am Ruder lässt Aton in den Wind abfallen. Unter Segel und Motor gleiten wir bei stockdunkler Nacht aus der Bucht. Ich stehe mit dem Handscheinwerfer bewaffnet auf dem Vordeck und leite Michi mit dem Handfunkgerät ins freie Wasser hinaus. Sowie wir aus der Landabdeckung herauskommen, fällt eine mächtige Brise über unser Schiff her. Schnell ist die Genua gesetzt und der Kurs nach Nassau angelegt. Bei halbem Wind geht es mit 8,5 Knoten Richtung Südost. Wir genießen beide die Fahrt in den beginnenden Morgen. Die einzigen Geräusche sind der Wind und das Rauschen des verdrängten Wassers. Die anfängliche Unsicherheit, welche uns bei nächtlichen Fahrten befallen hat, ist einer grenzenlosen Zufriedenheit gewichen, in welcher wir dieser natürlichen Kraft des Windes lauschen, und die rythmischen Bewegungen Atons durchs Wasser genießen. Schweigend und in sich versunken genießt jeder von uns diese Augenblicke. Leider frischt der Wind aber mehr und mehr auf. Der Sturm kommt wieder einmal früher als erwartet. Zuerst reffen wir die Genua. Als es immer mehr und stärker böht, entschließen wir uns, das Großsegel zu reffen. Während Michi am Ruder unter Maschine versucht, das Schiff im Wind zu halten, lasse ich das Großsegel ins Lazy fallen. Als ich den Reffbänsel eingehängt und das Groß dichtziehen will, sehe ich, dass sich die Reffleinen unentwirrbar verknotet hatten. Also bergen wir das Großsegel komplett, was sich spähter als gute Entscheidung herausstellte. Der Wind wird immer stärker, die Wellen immer höher. Mit gereffter Genua fliegen wir mit 8,5 Knoten Richtung Nassau. Hier beweist Aton abermals ihre Stärken. Träge und unaufgeregt pflügt das 24- Tonnen-Schiff in stoischer Ruhe durch die vom Sturm aufgewühlte See. Nur einmal wirft uns eine besonders Welle auf die Seite; Aton  beeindruckt aber auch das nicht besonders. Gischt weht uns von den meterhohen Schaumkronen der Wellenberge ins Gesicht. Nach einem mehrstündigen Ritt auf den Wellen erreichen wir, müde und abgekämpft aber glücklich und mit uns zufrieden, den Hafen von Nassau. Vorbei am Kreuzfahrtterminal (dem größten, den ich jehmals gesehen habe), lassen wir unseren Anker gegen 10 Uhr Vormittags im Hafenbecken fallen.
Hallo Nassau, wir kommen!

23.01.2019

23.01.2019

Michi
South Bimini ist eine hübsche, kleine Insel, die zwar wegen der Nähe zu Miami schon noch amerikanisch angehaucht, aber doch schon ein bisschen karibisch daher kommt. Die Holzhäuser sind alle quietschbunt angemalt, hier und da hört man Raggae-Klänge, und die Einheimischen sind alle dunkelhäutig, tragen Rasta-Locken, und nehmen das Leben nicht ganz so ernst. Auf meiner morgendlichen Jogging-Runde (Reni und Isabella, mit Euch würde das noch viel mehr Spaß machen!), laufe ich zuerst die Hauptstraße entlang, die nichts anderes als eine weiße, festgefahrene Sandpiste ist. Danach geht`s an hübschen Häusern vorbei, immer in Wasser-Nähe. Alles ist maritim angehaucht und relativ sauber:

In North-Bimini, wohin man mit der Fähre oder dem Dingi übersetzt, gibt es einen langgezogenen Ort mit vielen kleinen Läden. Leider sind die Regale nicht allzu voll (was ja auch gar nicht sein muss), und die Preise ganz ordentlich. Die lokale Spezialität sind Conches, große Meeresschnecken, die man gebraten oder frittiert bekommt. Schmecken gar nicht schlecht. Die Schalen sind quasi Abfall, und türmen sich teilweise am Strand auf, oder finden in den Gärten Verwendung als Deko.

In unserer übersichtlichen, kleinen Marina haben wir die anderen Yachties bereits kennengelernt, und uns ausgetauscht. Sie haben fast alle das gleiche Ziel wie wir: die Exumas. Alle sagen, das wäre der absolut schönste Teil der Bahamas. Wir werden wahrscheinlich übermorgen, am Freitag unsere Weiterreise Richtung Nassau in Angriff nehmen.

18./19.01.2019

18./19.01.2019

Aton

Nachdem ich lange am Steg gelegen habe, ist es schön, endlich wieder auf dem freien Wasser zu sein, und mit dem Wind und den Wellen zu spielen. Ich und meine neuen Besitzer, Franz und Michi, mussten uns erst aneinander gewöhnen, aber mittlerweile klappt das schon sehr gut. Die beiden haben bisher nur Charter-Schiffe gekannt, die neueren Baujahrs sind. Das heißt, mit einem breiten Heck, aus GFK gebaut, leicht und wendig. Ich bin ja schon eine ältere Lady, zwar schlank, aber schwerer und träger. Sie haben mich ein bisschen verbessert und aufgehübscht (obwohl ich für mein Alter schon noch ganz gut aussehe). Nicht umsonst bin ich es gewöhnt, dass uns sehr viele Leute „nice boat“ zurufen. Ganz besonders fahren sie auf meine verzierten Alu-Flanken ab („Look at that! I`ve never seen that before!“). Nun sind wir also zu dritt unterwegs, deswegen wird es Zeit, dass ich auch mal zu Wort komme.

Nachdem wir fast die ganze Westküste Floridas runter bis Long Key gekommen waren, stand nun die Überquerung des Golfstromes an. Am ersten Tag motorten wir (da der Wind genau auf meinem Bug blies) von Boot Key bis Rodriguez Key. Michi schaute nach Fischer- und Krabben-Fallen-Schwimmer aus, da es davon hier jede Menge gibt. Per Funkgerät leitet sie dabei Franz durch die Bojen-Felder. Plötzlich ging nichts mehr. Obwohl ich Vollgas fuhr, bremste mich irgendwas. Ich mühte mich ab, aber es war nix zu machen. Franz stoppte auf, und ließ mich im Rückwärtsgang laufen, und tatsächlich kam nach einiger Zeit ein Schwimmer zum Vorschein, den Michi übersehen hatte. Gottseidank bin ich so gebaut, dass mein Propeller nicht gleich alles einfängt und deswegen zum Stillstand kommt. Sowas haben Franz und Michi schon einmal erlebt, als sie in Griechenland einen Plastiksack im Propeller hatten. Aber jetzt haben sie ja mich; da passiert sowas nicht so schnell.

Am zweiten Tag stand der große Schlag von Rodriguez Key nach South Bimini an. Wir verließen den Ankerplatz früh, und arbeiteten uns durch die Riffe bis ins tiefe Wasser. Da ein schöner Segelwind blies (diesmal ein Am-Wind-Kurs), segelten wir mit 6 bis 8 Knoten lange Zeit Richtung Nordosten. Die Geschwindigkeit wurde immer mehr, bis wir mit 8 bis 10 Knoten im Golfstrom dahinsausten.

Wir drei genossen den wunderschönen Tag, die Geschwindigkeit und die Freiheit auf dem offenen Meer. Stundenlang ging es so dahin. Mein Vorschiff, die Genua, und auch manchmal Franz und Michi im Cockpit, wurden ordentlich salzig gewaschen. Aber das macht uns nichts aus; im Gegenteil: so macht das Segel-Yacht-Leben erst richtig Spaß! Es gab viele fliegende Fische zu sehen, sowie einige riesige Frachter, die von Miami aus westwärts unseren Kurs kreuzten.
Mit den letzten Abendsonnenstrahlen kamen wir dann erledigt, aber glücklich in der Bimini Sandy Marina an.

16.01.2019

16.01.2019

Franz

Die Würfel sind gefallen. Das Datum, an dem wir die USA verlassen, steht. Nun gibt es kein Zurück mehr. Zum ersten mal haben wir ausklariert. Aber alles der Reihe nach:

Seitdem wir das Boot gekauft hatten, beschäftigte uns der Gedanke, wie wir sachlich richtig das Land wieder verlassen. Beim Hinterfragen dieses Themas bekamen wir die unterschiedlichsten Meinungen mitgeteilt.  Uns, und insbesondere Michaela ließ dies keine Ruhe. Schließlich und endlich bekamen wir von der freundlichen Angestellten der Marina (im vorherigen Bericht habe ich Sie bereits lobend erwähnt), eine Telefonnummer vom US Customers Service. Nachdem Michi dem ebenfalls sehr freundlichen Mitarbeiter dort unseren Sachverhalt bezüglich der Einreise per Flugzeug und der Ausreise per eigenem Boot erklärt hatte, unterwies er uns, dass wir nach Key West kommen müssten, um einige Dokumente zu beantragen. Kurz und gut, wir organisierten uns für diese letzte bürokratische Hürde vor unserer Abreise.

Heute (Mittwoch) sind wir zu diesem Zweck früher als sonst aufgestanden. Am Vorabend haben wir uns einen Leihwagen organisiert, den wir an der nahegelegenen Marina abgestellt hatten. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, sind wir mit unseren ganzen Dokumenten, sowie dem Laptop im Dinghy die knappe Meile zum Auto gefahren. Der Weg führte uns den Highway No.1 entlang nach Süden über die berühmte „Seven Miles Bridge“, bis nach Key West. Dort angekommen kümmerten wir uns erst einmal um unsere ausstehenden Ausreisedokumente. Und wieder einmal wurden wir Zeuge, wie einfach und unbürokratisch uns die überaus freundlichen Mitarbeiter jeweils bedienten und uns die geforderten Dokumente in nahezu Rekordzeit aushändigten. Obwohl wir zwei Anlaufstellen, mehrere Blocks weit  entfernt, nacheinander zu konsultieren hatten, waren wir nach ca eineinhalb Stunden fertig. Danach genossen wir die Zeit für einen Stadtbummel durch Key West. Die, für amerikanische Verhältnisse, sehr pitoreske Stadt machte auf uns einen sehr sympatischen Eindruck. Einzig der enorme Fremdenverkehr trübte dieses Bild.

Nachdem wir nach unserer Rückkehr den Wagen wieder abgegeben hatten,  und unser Dinghy mit den letzten Einkäufen gefüllt  haben, sitzen wir nun auf unserer Aton und bereitun uns auf die große Überfahrt vor. Jetzt heißt es nur noch, Wetter beobachten und beim ersten Anzeichen von östlichen bis südlichen Wimden den Anker zu lichten und loszusegeln.

Michi

Unsere Zeit in Florida geht also nun zu Ende. Wir haben hier unser Schiff gefunden, gekauft und vorbereitet, haben Land und Leute kennengelernt,  und erleben dürfen, wie nett und hilfsbereit die Menschen hier sind. Allen voran Bob und Trish, den Schiffs-Vorbesitzern, und Bob und Maryann in Cape Coral. Sie haben uns aufgenommen, bei sich wohnen lassen, mit Rat und Tat unterstützt und geholfen, wo es nur gegangen ist. Aber auch so viele „kleine“ Begegnungen im Alltag, auf der Straße und unter „Boatpeople“ haben unsere Meinung über die Amerikaner geprägt. Nicht alle sind von „Mr. T.“ begeistert, und sehen genau, was hier passiert. Wir haben den „american way of life“ hauthah kennenlernen dürfen, und für diese Erfahrung sind wir dankbar. Goodbye Florida.

13.01.2019

13.01.2019

Franz

Der heutige Sonntag fing sehr geruhsam an.  An diesem sonnigen Morgen öffnete ich das Klappschot des Niedergangs und stieg ins Cockpit. Ich genoss die Ruhe. Nach einer windstillen Nacht war die Wasseroberfläche wie eine Spiegelfläche. Auf einer kleineren Nachbarjacht grüßte mich die Bootseignerin. Mehrere Pelikane flogen elegant nur wenige Zentimeter über der Wasseroberfläche. Wir frühstückten auf unserem Schiff in der Hafenbucht von Boot Key Harbour und planten  unsere Unternehmungen. Da wir am Vortag feststellen mussten, dass alle Mooringplätze vergeben, und eine Warteliste für freiwerdende Bojen besteht, hatten wir uns kurzfristig für´s Ankern entschieden. Die ausgesprochen freundliche Mitarbeiterin der Marina klärte uns über die dennoch nutzbaren Serviceleistungen auf, welche wir trotz Ankerliegens in Anspruch nehmen konnten. Diese schlossen die Nutzung der Sanitärräume, des W-Lans, der Waschmaschinen, als auch der Leihfahrräder ein. Sogar ein Kräutergarten stand zur Verfügung, in dem wir uns Thaibasilikum, Koriander, herkömmliches Basilikum sowie Aloevera mitnahmen.

Nachdem wir einige Dinge auf unserem Laptop erledigt hatten, nahmen wir die Räder und unternahmen eine Radtour auf Long Key. Dabei kamen wir auch an einem Schildkrötenhospital vorbei. Hier konnte sich Michaela von der Größe dieser Tiere einen Eindruck verschaffen. Nach Angaben einer Klinikmitarbeiterin erreichen die größten Exenplare ein Gewicht von über einer Tonne!! Auf  unserem Weg nach Long Key hatte ich ja schon ein sehr großes Exemplar direkt neben dem Schiff schwimmen sehen.


Nach einem sehr schmackhaften Mittagessens (Salat mit rohem Thunfisch und einer Krabbensuppe) ging es anschließend wieder zurück zu unserem Dinghy. Als wir dort ankahmen, wunderten wir uns über einige Leute, die auf dem Anlegesteg standen uns ins Wasser starrten. Sowie wir näher kamen sahen wir auch den Grund:

Manatees oder anders gesagt Seekühe. Eine Mutter mit ihrem Kind. Sehr liebe, als auch sehr soziale und friedliche Dickhäuter, die in vielen Flussläufen Floridas anzutreffen sind. Im Gespräch mit einer Amerikanerin, die ich dort antraf, erzählte mir diese, dass Manatees für sie nichts besonderes wären. Sie ist in Florida aufgewachsen. Als sie ein Kind war und in den Flüssen badete, war sie ständig auf der Hut, ob sich große Tiere in ihrer näheren Umgebung befanden. Im günstigsten Fall waren es eben diese Seekühe. In weniger günstigen Fällen konnte es sich aber auch um einen Bullenhai oder einen Aligator handeln. Für meine deutschen Ohren klang das ziemlich seltsam. Ich kann mich noch gut an den Abschuss eines einzelnen und nichtmal besonders agressiven Braunbären vor ein paar Jahren in Bayern erinnern.  So bietet jeder Tag neue Überraschungen für uns.

11.01.2019

11.01.2019

Michi
Wir haben es geschafft: erstes Etappen-Ziel heute erreicht. Die Florida-Keys. Wir sind fast die ganze Westküste runter und jetzt in Boot Key auf Long Key. Ein bisschen stolz sind wir schon darauf, und haben uns heute tierisch darüber gefreut. Nach einer Übernachtung vor Naples,
im Indian Key Pass in den tenthousand Islands, und einer im Shark-River im Everglade National Park, haben wir heute die restlichen knapp 70 Seemeilen mit einem schönen Halbwind-Kurs abgesegelt. Wir sind ganz begeistert von unserem Schiff. Da gibt es kein rollen, schlingern oder hüpfen. Ruhig und stetig, ohne große Krängung pflügt sie durchs Wasser; und ist auch noch schnell unterwegs. Sieben bis acht Knoten sind durchaus drin, neun in Spitzen. Und das alles völlig unaufgeregt. Man merkt erst, wie schnell wir eigentlich sind, wenn man genau hinsieht. Das macht richtig Spaß!

Als wir heute Früh noch im Dunkeln im Shark River unseren Anker gelichtet haben, und alles um uns tiefschwarze Nacht, war das schon ein bisschen gruselig. Als wir aber dann auf dem offenen Meer draußen waren, staunten wir erst mal über den wunderschönen Sternenhimmel. Glasklar, und zigtausendfach blinkten und glitzerten die Sterne. Bald darauf zeigte uns ein orangener Schimmer am Horizont, wo die Sonne aufgehen wird. Dieser wurde immer intensiver und die Farbe wechselte von orange über glutrot zu einem zarten gelb, bevor dann die Sonne erschien. Ich kann mich gar nicht sattsehen, und es wird mir auch nie langweilig, die Sonnenauf- und -untergänge zu beobachten. Jeden Tag ist es anderst, und doch ähnlich dramatisch, und immer wunderschön. Franz sagt schon immer, ich soll aufhören, das ständig zu fotografieren. Aber wenn`s halt so schön ist.

Als ich unter Deck war, rief Franz plötzlich: „Schnell, komm rauf, das musst Du sehen.“. Als ich oben war, sah ich aber leider nichts mehr. Er sagte, eine riesengroße Schildkröte (fast so groß wie das Dingi) sei neben dem Schiff geschwommen. Sie hat den Kopf rausgestreckt und laut geschnauft. Dann ist sie wieder abgetaucht. Delfine dagegen sind so allgegenwärtig, dass wir schon stetig mit ihnen rechnen. Oft sehen wir welche am Ankerplatz jagen. Sie sind meistens zu zweit oder dritt, ganz eng zusammen. Gemeinsam kommen sie immer wieder nach oben, um zu atmen. Das sieht eher langsam und bedächtig aus. Auf dem offenen Meer jedoch sind sie ungeheuer schnell. Wenn sie vorne in der Bugwelle mitschwimmen, bewegen sie sich kaum, und jagen nur einige Zentimeter vor uns her. Ebenso faszinierend ist es, den Vögeln beim Fischen zuzusehen. Vor allem Pelikane steigen erst über dem Wasser nach oben, legen dann ihre Flügel an, und stürzen wie ein Pfeil ins Wasser, um ihre Beute zu überraschen. Auch dem US-Wappentier, dem Weißkopfseeadler sind wir schon sehr nahe gekommen. Als wir  im Flachwasser an einem Seezeichen vorbeifuhren, saß einer darauf, keine 3 m von uns entfernt. Er blickte stolz und selbstbewusst auf unser Boot, und ließ sich überhaupt nicht stören. Eine meiner Lieblingstiere hier sind allerdings Manatees, Seekühe. Es gibt sie überall in den Mangroven und im Brackwasser-Bereich. Sie sind, obwohl sie relativ groß sind, total friedlich und gemütlich. Wir haben sie einmal von einer Brück beobachtet, und sie streckten ihren Kopf aus dem Wasser, um uns anzuschauen.

Ich liebe es, in der Natur zu sein, zu beobachten, den Wind zu fühlen, und die Sonne. Welches Glück habe ich, dass ich dies jeden Tag geniessen kann. Bisher war das Wetter seit unserem Start immer schön, wenn es auch oft zu wenig Wind zum Segeln hatte. Es werden auch Tage kommen, wo es kalt, nass, stürmisch und ungemütlich sein wird. Ich hoffe, ich kann dann von diesen schönen Tagen zehren.