Autor: Aton-Crew

08.03.2019 Die Binnenuhus sind da

08.03.2019 Die Binnenuhus sind da

Hallo Leute, wahrscheinlich wartet Ihr schon auf das nächste Lebenszeichen von uns. Also, wir leben noch (und nicht schlecht), sind aber seit Franz` Geburtstag selten zum Schreiben gekommen.

Wir schauten, dass wir die gut 40 Seemeilen auf dem Atlantik, die wir bis Georgetown noch hatten, möglichst ohne Gegenwind hinter uns bringen. Dies ist aufgrund des beständigen Passatwindes, der immer aus Osten bläst, ein Glücksspiel. Wir haben das Spiel aber gewonnen, und sind das größte Stück bei einem Am-Wind-Kurs von Nord-Ost gesegelt. Kurz vor Georgetown, wo wir einige Tage später unseren nächsten Besuch erwarteten, blieben wir für drei Nächte in einer sehr schönen Bucht. Von drei Seiten durch Inseln geschützt, hatten wir einen schönen, weißen Sandstrand direkt vor der Nase, und außer uns nur maximal noch ein anderes Schiff in der Bucht. Da wir in der „Stadt“ (die nicht wirklich eine ist) Einiges zu erledigen hatten, fuhren wir mit dem Dinghi ca. eine halbe Stunde dorthin. Keine Angst, alles ist gutgegangen: Sprit hat gereicht, Paddel für den Notfall waren dabei, der Außenborder hat keine Zicken gemacht. In Georgetown gibt es ein Ankerfeld und einen witzigen Dinghi-Anleger, für den man durch einen kleinen Felsentunnel in einen inwärtig gelegenen See fährt. Es gibt eine Bank, einen Supermarkt, einen Liquor-Shop (aber Alkohol ist nur was für die reichen Jachties), eine Tankstelle (leider nicht mit dem Schiff zu erreichen), und mehrere kleine Bars und Geschäfte. Wir wollten checken, ob man irgendwo Taucher-Ausrüstung leihen kann, weil Franz den Pitch (also die Ausrichtung) des Propellers unter dem Boot optimieren wollte. „Ich quatsch mal den Rasta-Man dort in der Bar an“, sagte er und ging schnurstracks auf einen jungen Mann zu, der unbedarft dort saß. Ihr glaubt es nicht, aber der arbeitete tatsächlich in einer Taucher-Basis in der Stadt. Das ist mal ein Glück, oder? Er wusste die Telefon-Nummer auswendig, und sagte uns, wir sollen dort morgen mal bei seiner Chefin, Tamara, anrufen. Wir verbrachten den Rest des Tages an „unserem“ Strand, und riefen anderntags an. Die sehr nette Tamara bot uns an, am nächsten Morgen die Taucherflasche abzuholen. Also fuhr Franz wieder mit dem Dinghi den weiten Weg in die Stadt. Ich wunderte mich schon, warum das gar so lange dauert, als ich ihn nach gefühlten Stunden paddelnder Weise wieder in die Bucht kommen sah. Er musste zwischendrin Benzin nachfüllen (ja, er hatte auch eins dabei!), aber dann ist der Außenborder nicht mehr angesprungen. Gottseidank war er schon auf dem Heimweg, und der Wind und die Welle waren mit ihm; außerdem hat er, bedingt durch seine „neue Figur“, jetzt auch die Motivation, diese durch Bewegung zu erhalten. Er hat es also mit Humor und Gelassenheit genommen, und ist gepaddelt. Früher hätte ihn das garantiert ziemlich geärgert, vor allem, weil es umsonst war, denn die Taucherflasche war zwar da, aber kein Lungen-Automat (also das Mundstück dazu), so dass er mit leeren Händen wiedergekommen ist. Tamara konnte aber nichts dafür, weil sie nicht wusste, dass wir diesen auch brauchen. Sie bot uns dann telefonisch an, am nächsten Morgen vorbeizukommen. Dieses Mal fuhren wir aber mit unserem Schiff und ankerten direkt vor der Tauch-Basis. Als wir die Sachen hatten, legte Franz alles an (unser Tauchkurs ist ungefähr 30 Jahre her), und tauchte unter das Schiff. Leider waren die Schrauben, die er lösen wollte, so sehr mit Muschelkalk eingewachsen, dass er nicht riskieren wollte, diese abzureißen. Nach etwa 15 Minuten brach er die Aktion also wieder ab, und wir brachten das ganze Zeug zurück. Da wir eigentlich für 24 Stunden bereits gezahlt hatten, hofften wir, einen Teil der Geräte-Miete wieder zu bekommen. Netterweise bekamen wir das ganze Geld und ein Lächeln noch dazu. Jonathan (der Typ aus der Bar) bot sogar noch an, zu helfen, aber Franz sagte, es hat keinen Wert, da die Schrauben mit Chemie erst zugänglich gemacht werden müssen, und das geht unter Wasser ja nicht.

Da ein strenger Ostwind vorausgesagt war, verlegten wir uns auf die Westseite der gegenüber liegenden Insel, wo eine große „Segel-Community“ bereits vor Anker lag (ca. 200 Schiffe). Ich schwamm spätnachmittags noch zum Strand, wo ich beinahe auf einige Rochen getreten wäre, die dort ihre Kreise zogen. Es gab eine Conch-Bar (ihr erinnert Euch, die Seeschnecken, die eine bahamische Spezialität sind), und hinter dieser Hütte wurden die Schneckenhäuser einfach ins Wasser geschmissen. Ich denke, die Rochen fressen da die Reste, die noch dranhängen.

Einige Tage später kamen dann Peter und Agnes (die im Blog den Namen Binnenuhus haben) nach Georgetown geflogen. Wir hatten unser Schiff nun wieder direkt vor die Stadt verlegt, weil aufgrund des recht lebhaften Ostwindes, eine ziemlich hohe Welle anstand, und klar war, dass der Dinghi-Transport so kurz wie möglich sein sollte, da er recht feucht zu werden versprach. Wir fuhren zeitig los (auf dem Hinweg noch mit der Welle), da wir die Happy-Hour an der Bar noch ausnutzen wollten. Leider kam eine Nachricht, dass der Flug Verspätung hat, und so entschlossen wir uns, Franz fährt mich zurück, damit er dann nicht noch zweimal fahren muss. Unser Dinghi ist nämlich nicht sehr groß (zugelassen für 3 Personen), und Reisegepäck war ja auch noch dabei. So kam ich in den Genuss, pitschpatsch-nass bis auf die Haut, und gut durchgesalzen, wieder am Schiff anzukommen. Ich gab Franz noch die große Dinghi-Abdeckung mit, damit unser Besuch was hat, um sich und das Gepäck abzudecken. Das klappte ganz gut, und nach noch zwei Fahrten waren alle wieder glücklich und einigermaßen trocken an Bord. Wir hatten eine tolle Bescherung mit den mitgebrachten Köstlichkeiten (das ist wirklich wie Weihnachten und Ostern zusammen, wenn man u. a. frisches Pfister-Brot, Brotback-Mischungen, Dosen-Wurst und viiiiiiiel Schokolade bekommt), und saßen noch lange zusammen.

 

 

Innenansichten einer (unserer) Weltreise

Innenansichten einer (unserer) Weltreise

Franz:

Nachdem wir nun mehr als 3 Monate auf unserem Segelschiff leben und bereits mehr als 2 Monate damit unterwegs sind, wage ich es, eine Zwischenbilanz zu ziehen. Was hat diese Reise mit uns (mir) gemacht? Wie hat sie uns und unser Leben verändert? Wie kommen wir damit klar?

Ich habe mir vorgenommen, schonungslos sowohl die positiven, als auch die negativen Aspekte darzulegen. Denn nur so kann eine objektive Darstellung der Dinge gelingen.

Lebensraum:

Ich möchte mit dem Leben auf engstem Raum beginnen. In unserem Haus hatten wir knapp 180 m/2 Wohnfläche, zuzüglich eines sehr großen Gartens zur Verfügung. Dort hatten wir reichlich Raum, um uns gegenseitig aus dem Weg zu gehen. Jeder hatte seine Privatsphäre. Wir konnten uns im Spannungsfall zurückziehen. Bei der Planung unserer Reise und dem Kauf unseres Schiffes hatten wir die allergrößten Bedenken, dass wir durch die Lebensraumreduzierung auf knapp 40 m/2 mögliche Konflikte quasi heraufbeschwören würden.

Ja, diese Enge ist wirklich eine Herausforderung. Obwohl wir uns mittlerweile recht gut organisiert haben, stellen wir dennoch nahezu täglich fest, dass die Enge bei den häuslichen Tätigkeiten wie kochen, waschen etc. sehr hinderlich und nervig ist. Wenn dann beim Hantieren auf engsten Raum auch noch ein rücksichtsloser Motorbootfahrer mit überhöhter Geschwindigkeit sehr nah an uns vorbeifährt und dessen Schwell unser Schiff erreicht, können schon mal die Gefühle aufwallen und unanständige Worte fallen. Was allerdings die Privatsphäre betrifft, kann ich Entwarnung geben. Aufgrund der Enge muss zwar jeder von uns Kompromisse eingehen und so manches Mal zurückstecken. Dennoch glaube ich, dass darin einer der Gründe zu suchen ist, dass wir eine Kultur der gegenseitigen Rücksichtnahme und Respekt entwickelten.

Partnerschaft:

In einer durchschnittlichen Partnerschaft läuft es in der Regel so ab, dass jeder seinem Beruf nachgeht. Somit ist man meist 8 oder mehr Stunden mit Arbeitskollegen, Kunden oder Geschäftspartnern konfrontiert. Abends erzählt man dem Partner dann, was sich tagsüber im Beruf ereignet hat. Bei einer Reise, wie der unseren, haben wir eine 24/7 Beziehung. Wir stehen miteinander auf, wir durchleben den ganzen Tag zusammen und abends gehen wir dann zusammen ins Bett. Solch ein Tagesablauf hat schon so manche Beziehung, welche beispielsweise durch den Renteneintritt eines Partners damit konfrontiert wurde, an den Rand des Scheiterns gebracht.

Hier kommt uns zu Gute, dass wir als ein ehemaliges Unternehmerpaar durchaus eine 24/7 Beziehung kannten. Während jedoch in unserem Arbeitsleben diese in negativer Erinnerung blieb, kann ich nun sagen, dass wir uns neu gefunden haben und diese Zeit gemeinsam genießen. Hierbei empfinden wir sehr intensiv den Umstand, soviel Zeit zu haben, keinen Druck, irgendetwas erledigen zu müssen, keine Termine, einfach nur wir.

Erfüllung:

Wenn man sein Leben lang im Arbeitsleben aktiv war und in seiner Tätigkeit Erfüllung gefunden hat, stellt man sich unweigerlich die Frage: was tue ich den lieben, langen Tag auf einem Schiff. Komme ich mit dem „Nichts tun“ klar? Wird mir nach kürzester Zeit langweilig? Falle ich womöglich in ein Loch? Werde ich am Ende depressiv?

Auch hierbei kann ich Entwarnung geben. Man findet sehr schnell seinen Rhythmus. Man steht auf, wenn man wach ist, ein gemeinsames Frühstück, man spricht durch, was dringend erledigt werden soll und bespricht, wer was macht, abspülen, Morgentoilette, dann die angesprochenen Arbeiten, Mittagessen, baden, schnorcheln, etc., Abendessen, Sundowner, ein Buch lesen. Wenn man müde ist, geht man ins Bett. Zeit spielt eine untergeordnete Rolle. Aus diesem Grunde trage ich mittlerweile keine Armbanduhr mehr! 

Lebensqualität:

Jeder, und da nehme ich mich ganz bestimmt nicht aus, gewöhnt sich über die Jahre gewisse Dinge und Tagesabläufe an, die man nicht mehr missen will. Das Treffen mit Freunden in der Kneipe, der neue Film im Kino, der Cappuccino am Morgen, den Fernseher etc. Kann und will man darauf verzichten? Was kann das Leben an Bord mir (uns) bieten, was einen derartigen Verlust an Lebensqualität rechtfertigt?

Diesen Punkt möchte ich etwas hervorheben. Während früher der Fernseher zum Mittelpunkt des Abends wurde, sitzen wir nun in unserem Cockpit, ein Becher Wein in der Hand und sehen uns gemeinsam die Bucht, den Sternenhimmel (ein fantastisches, allabendliches Ereignis), das Meer (manchmal haben wir Meeresleuchten, ein fluoreszierendes Licht, welches von diversem Plankton erzeugt wird) und die uns umgebende Gegend an. Alleine die Sonnenuntergänge sind nicht zu beschreiben.  Außerdem verzichten wir nicht gänzlich auf das kulturelle Leben, da wir versuchen halbjährlich unsere Familie und Freunde zu besuchen und ein paar Wochen in Deutschland zu verbringen.

Familie:

Wir sind stolze Eltern zweier, erwachsener Söhne. Ich (Franz) habe außerdem noch beide Eltern und vier Geschwister, eine Menge Onkel und Tanten usw. Ich möchte mich durchaus als Familienmensch bezeichnen. Ich liebe es, an großen familiären Festen alle zu treffen. Wie würden sie auf unsere Pläne reagieren? Was würden unsere Kinder, meine Eltern dazu sagen?

Ja das war sehr hart für uns. Allen voran, unseren Kindern zu sagen, dass wir ins Ausland gehen und zu Dauerreisenden werden, gefolgt von unseren Eltern und Freunden. Die Reaktionen waren nahezu durchwegs positiv. Zu Beginn unserer Planung kamen Michi und ich überein, dass wir ein halb-jährliches Breake machen und unsere Familie besuchen. Sollten wichtige Ereignisse wie Krankheiten oder Schlimmeres eintreten, die unsere Anwesenheit in Deutschland erforderten, würden wir unser Vorhaben unterbrechen.

Freunde: 

Ich bin ein sehr gesellschaftssuchender und kommunikativer Mensch mit einer großen Zahl von Freunden. Während meines beruflichen Lebens habe ich meine Freundschaften so gut es ging gepflegt. Würden mich meine Freunde nun verlassen? Wie würden sie reagieren, wenn sie von unseren Plänen erfahren?

Als wir unseren Freunden unsere Pläne mitteilten, waren deren Reaktionen ausnahmslos positiv. Natürlich war eine Wehmut, gerade bei unseren sehr guten Freunden zu spüren. Dennoch freuten sich alle für uns und beglückwünschten uns zu unserem Mut, ein derartiges Vorhaben zu verwirklichen. Mittlerweile begleiten uns nahezu alle unsere Freunde auf unserem Reiseblog. Sehr vielen Dank Euch allen.

 

Arbeit:

Nach einer erfolgreichen Selbstständigkeit wechselte ich gut 2 Jahre vor unserer Reise in eine Tätigkeit, die ich aus ganzem Herzen liebte. Ich hatte sehr nette Kollegen und Chefs, eine ausfüllende und anspruchsvolle Aufgabe, ein ausgesprochen interessantes Tätigkeitsfeld. Ich musste all das aufgeben. Würde ich damit zurechtkommen? Konnten wir den Verdienstausfall kompensieren?

Ja das war sehr hart für mich. Meine Angst, unser Unterfangen würde Seitens meines Arbeitgebers und meiner Vorgesetzen auf Unverständnis stoßen, hat sich allerdings nicht bewahrheitet. Ganz im Gegenteil. Ich wurde von allen Seiten bezüglich unserer Reise beneidet. Mir wurde sogar ein Sabbatical angeboten!!! An dieser Stelle möchte ich mich nochmals sehr bedanken. Da ich nun auf unserem eigenen Schiff bin, sind meine beruflichen Qualitäten sehr nützlich, was sich nahezu täglich bei der Instandhaltung und Instandsetzung der Schiffs-Peripherie bewahrheitet.

Epilog:

Wenn ich (Franz) nun mein Resümee dieser 3 Monate auf Aton ziehe, dann kann ich nur sagen, dass es mir in nie gekannter Form gut geht. Ich bin relaxt und ausgeglichen. Meine Beziehung zu meiner Frau, Partnerin, Co-Skipperin, Begleiterin und Mitstreiterin hat eine vollkommen neue Intensivität erreicht. Auch körperlich fühle ich mich wie ein neuer Mensch. Ich habe abgenommen (wieviel weiß ich mangels Waage nicht) und visuell meine Traumfigur erreicht, obwohl ich keine Diät machte und sportlich auch nicht sonderlich aktiv war. Ich habe keinerlei Mangelerscheinungen, weder physischer noch psychischer Natur. Ich vermisse natürlich unsere Kinder, Eltern, Geschwister und Freunde. Aber dank moderner Kommunikationsmittel können wir trotz diverser Empfangs-probleme immer wieder miteinander sprechen und Informationen austauschen.

Ich würde es sofort wieder tun!

Leben an Bord, Teil 2

Leben an Bord, Teil 2

Michi:

Lagerraum: Unter den Betten gibt es relativ große Räume im Unterbau des Schiffes, die wir als Lagerraum nutzen. Dahin kommen wir aber nur, wenn wir die Matratzen wegräumen, und teilweise die Abdeckungen entfernen. In unserem Lagerraum ist das ehemalige Bett von uns mit Boxen bestückt worden. Wenn wir an den Raum darunter wollen, müssen diese alle rausgeräumt werden. Dann weiß man manchmal gar nicht mehr, wo man hintreten soll, weil alles vollsteht. Auch unter den Sitzbänken am Tisch, und in diversen anderen Fächern ist Lagerplatz vorhanden. Aber meistens muss man auch hier erst mal Polster wegräumen. Wir haben einige Male umgeräumt, bis wir ein praktikables System gefunden haben, damit wir nicht gar zu oft räumen müssen. Benötigtes Werkzeug, Ersatzteile, Ausrüstung, Haushaltsdinge und Lebensmittel sind so alle möglichst sicher verstaut. Außerdem geht es hier ohne unseren Computer gar nicht, im welchem wir Listen angelegt haben, wo was und in welcher Menge zu finden ist.

Wasser: Da der vorhandene watermaker viel zu klein dimensioniert ist, haben wir einen neuen bestellt. Diesen werden wir in den Hurrikan-Monaten Juli bis Oktober einbauen. Bis dahin heißt es, Wasser sparen. Ausgiebige Duschen gibt es nicht und das Geschirr wird mit Salzwasser gespült. Das Trinkwasser aus den Tanks filtere ich noch durch einen Brita Wasserfilter.

Spülen: Das Seewasser-Ventil (also der Durchbruch der Abwasserleitung zum Meer) der Küchenspüle ist nicht aktiv (hier hatten wir einen minimalen Wassereinbruch, da der Plastikanschluss des Seeventils zum Abwasserschlauch einen Haarriss aufweist. Deswegen müssen wir in einem kleinen Schäffchen spülen. Aus Wasserspargründen holen wir mit einem Eimer Salzwasser und spülen im Eimer vor. Dann kommt das Geschirr in das Schäffchen, wo wiederum mit Salzwasser und Spülmittel nachgespült wird. Das machen wir meistens oben im Cockpit, was bei größerem Wellengang eine Herausforderung ist. An einem schönen Tag in einer schönen Bucht allerdings, macht das richtig Spaß. Die metallenen Schüsseln allerdings, genauso wie die Gemüsereiben und die Messer setzen vom Salzwasser Rost an. Die Roststellen reibe ich regelmäßig weg, die Messer werden deswegen jetzt nur noch im Süßwasser gespült. Ab und zu schärft Franz sie ausgiebig im Cockpit.

Segeln: Wir haben eine große Genua, die sehr bequem vom Cockpit aus über die elektrischen Winschen zu bedienen ist. Das Hauptsegel allerdings kann momentan nur am Mast hochgezogen, bzw. gerefft und geborgen werden. Sehr hilfreich ist hier das Geländer am Mast, an welchem man sich abstützen kann. Da man für diese Arbeit zwei Hände braucht, ist es unerlässlich, dass man sich mithilfe einer Leine am Schiff sichert. Wir ziehen relativ oft unsere Rettungswesten an, und achten auch sonst sehr auf unsere Sicherheit.

Freizeit: Man glaubt es kaum, aber so wahnsinnig viel Freizeit, wie man denken möchte, haben wir nicht. Wir stehen auf, wenn es hell ist, so um ca. 7.30 Uhr, und frühstücken gemütlich. Es gibt tagsüber eigentlich immer irgendetwas zu reparieren, warten, putzen, spülen, backen, recherchieren, oder organisieren. Gottseidank läuft nichts davon, und wir lassen uns schon manchmal einfach gernhaben. Ich würde furchtbar gerne viel mehr schwimmen, aber meistens gibt es starke Strömungen, mit denen ich in Griechenland schon mal schlechte Erfahrungen gemacht habe (danke nochmal meinen „Rettern“, die mich mit dem Dingi wieder geholt haben). Isabella, mit Dir würde das Schwimmen richtig Spaß machen. Wenn es irgendwie geht, machen wir Land- oder Dingi-Ausflüge, erkunden die Inseln, gehen schnorcheln, lesen viel, oder sitzen einfach da und freuen uns. Man kommt ziemlich schnell mit anderen Jachties ins Gespräch, und wir hatten schon öfters Besuch von Leuten, die einfach mal so vorbeikommen, um das Schiff näher anzusehen. Abends wird es relativ früh, um ca. 18.oo Uhr, dunkel. Einen Fernseher haben wir natürlich nicht, und wir sitzen dann oft im Cockpit, lesen, schreiben den Blog (was übrigens auch echt Spaß macht), ich lerne Spanisch und wir planen den weiteren Reiseverlauf.

Energie: Da die vorhandenen Solarpanels nicht funktionieren, und unser Windgenerator, der sehr effektiv gelaufen ist, mangels einer Überlast-Sicherung im Sturm den Geist aufgegeben hat, ist unsere einzige Energie-Quelle momentan der Motor und unser kleiner Generator (diesen haben wir in Florida bei Aldi gekauft). Um das Energie-Level zu halten, muss mindestens 3-4 Stunden am Tag der Motorlärm ertragen werden. Alle unsere aufladbaren Geräte müssen dann angeschlossen werden. Als Energiespeicher dienen 5 große AGM-Batterien (Gel-Batterien). Die darin gespeicherte Energie reicht bei normalem Stromverbrauch ohne Nachladung für ca. 3 Tage. Danach wird es kritisch. Leider haben unsere Vorgänger die Starterbatterie gegen eine AGM-Batterie ausgetauscht und dem Verbrauchsstromnetz geopfert, was aus unserer (Franz) Sicht äußerst fahrlässig ist. Dies und die Installation von vernünftigen Solarpanelen sowie der Aufrüstung der Windgeneratoren ist ebenfalls auf unserer „To Do Liste“ im Sommer.

Kommunikation: Dies ist auf einem Segelboot immer eine Herausforderung, da in der Regel auf dem Wasser kein Handy- und somit kein Internet-Empfang besteht. Momentan läuft der größte Teil unserer Kommunikation über das Handy von Franz. Hierfür haben wir nach dem Einklarieren (Grenzübertritt) in den Bahamas eine örtliche SIM-Karte erstanden. Damit wird ein Hot-Spot aufgebaut. Alle anderen, internetbasierten Geräte benutzen diesen Hot-Spot, um sich ins Internet einzuwählen. Sind wir aber an Land, nehmen wir unseren Computer und alle Handys mit, und suchen ein Restaurant oder ein Kaffee mit WiFi auf. Dort nutzen wir dieses, um größere Datenmengen wie Bilder und Filme ins Netz hoch zu laden. Außerdem haben wir ein Satellitentelefon. Damit können wir überall telefonieren und mailen, allerdings relativ teuer.

 

25.02.2019 Mein Geburtstag in den Exumas

25.02.2019 Mein Geburtstag in den Exumas

Franz

Mein heutiger Geburtag begann damit, dass ich relativ früh (reichlich vor 08:00 Uhr)aufgewacht bin. Michi stürzte sich sofort auf mich und begrüßte mich mit Küssen und den herzlichsten Geburtstagswünschen. Normalerweise wäre ich nun liegen geblieben und hätte den Tag langsam begonnen, aber nicht so heute. Dafür gab es einen guten Grund: am Vorabend hatten wir nämlich unsere Reuse (ein käfigförmiges Netz zum Fangen von Krebstieren) an einer Stelle ausgelegt, wo hiesige Fischer auch ihre Lobsterreusen positioniert haben. Da ich vermutete, dass diese Fischer es sicher nicht gerne sehen würden, dass irgendwelche Touristen ihre Lobster fangen, wollte ich vor diesen meine Reuse wieder bergen.

Also raus aus dem Bett, Badehose anziehen, rein ins Dinghi, Motor starten und in Gleitfahrt (ja Leute, seit ich mein Körpergewicht maßgeblich reduziert habe, bringe ich unser Schlauchboot mit 4PS ins gleiten) zur Stelle, wo ich die Reuse versenkt hatte. Ich packte die Boje und zog an der Leine. In 4 Metern Tiefe sah ich die Krabbenreuse neben meinem Dinghianker liegen. Mit Spannung zerrte ich den Netzkäfig an die Wasseroberfläche. Mist, nichts drin, außer meinem Köder, einer stinkenden Dose angefaultes Katzenfutter. Schnell verstaute ich das Fanggerät im Beiboot und fuhr zur Aton zurück. Michi erwartete mich schon. Sie sah mir bereits an, dass wir heute leider keinen selbstgefangenen Lobster essen würden. Aber jetzt frühstücken wir erst mal. Der gestern frisch von Michi gebackene Bananenkuchen stand bereits auf dem Cockpittisch und roch sensationell. Dann mache ich den Kaffee, sagte ich. Das Wasser kochte bereits. Als ich das heiße Wasser in den Brühfilter auf unserer Kaffeekanne gießen wollte, passierte das Malheur: der vollgefüllte Siebtrichter stürzte um und ein Gemenge aus heißem Wasser und Kaffeesatz ergoß sich im Cockpit und im Niedergang. Wir konnten gerade noch unsere Beine wegziehen, damit sich niemand verbrüht.  Nachdem ich dieses Schlamassel mit einigen Eimern Meerwasser gereinigt hatte, und Michi den Niedergang, startete ich den zweiten Versuch mit dem Kaffeebrühen. Ich füllte abermals Kaffeepulver in den Siebträger. Da sah ich eine Stelle, an der noch Kaffeesatz verteilt lag. Beim Versuch, diesen wegzuwischen, kippte der bereits gefüllte Siebträger abermals um und ein Teil des Mahlgutes ergoß sich auf unserem Niedergang. Ich dachte mir in diesem Moment: Hoffentlich geht das nicht den ganzen Tag so weiter.

Nachdem es mir dann doch noch gelang, einen trinkbaren Kaffee herzustellen, machte ich mich über meine Mails her. Die Beantwortung der vielen Geburtstagsgrüße (es müssen mehr als 40 Nachrichten gewesen sein; vielen Dank nochmal an alle) hat fast eine Stunde Zeit in Anspruch genommen. Danach kamen Michi und ich überein, den frühen Vormittag zu nutzen, und die Insel Little Farmers Cay zu erkunden. Also packten wir unseren Rucksack und starteten unseren Außenborder. Langsam glitten wir in die kleine Bucht mit dem Anlegesteg, in der wir gestern bereits waren. In dem seichten Wasser erblickten wir Rochen, allerlei Fische und eine Menge Meeresschildkröten. Wir machten unser Beiboot fest und kletterten die Leiter zum Steg empor. Als erstes entsorgten wir unseren angesammelten Müll. Danach umwanderten wir die Insel. Da die Insel Little Farmers Cay heißt, kann man bereits erahnen, dass eine Umwanderung nicht allzu schwierig war. Es sieht einfach und sauber aus. Die Elektroleitungen hängen teilweise ziemlich tief. Die bunten Häuser der Einwohner sind typisch für die Bahamas und strahlten einen freundlichen, sowie lebensfrohen Eindruck auf uns aus. Die Einwohner leben hauptsächlich vom Fischfang, und von Kunsthandwerk, das sie an die wenigen Touristen verkaufen. Sie sind aber auch immer für einen Plausch offen, und überarbeiten sich nicht wirklich. Diese Oma saß mit ihrer Enkelin idyllisch im Garten, und las eine Geschichte vor.

Da wir derzeit das einzige Schiff in der Bucht sind, genießen wir deren vollste Aufmerksamkeit.  Bei einem dieser Häuser stand das Schild „Woodcarving“. Als wir uns dem Haus näherten, sahen wir einen älteren Mann auf einem Stuhl sitzen. Er war gerade dabei, einen Baracuda (ein Raubfisch, ähnlich gefährlich wie ein Hai) aus einem Stück wildem Tamarindenholz zu schnitzen. Er stellte sich mit seinem Namen J.R. vor und beschrieb wortgewaltig seine Arbeit. Wir sahen uns seine Kunstwerke an und entschieden uns für zwei Figuren (Papa-Bahama und Mama-Bahama). Nachdem wir uns auch über den Preis geeinigt hatten, fragte J.R. uns, ob wir eine Kokosnuß wollten. Freudig bejahten wir. Er nahm seine Machete und preparierte die Nuß so, dass wir nur noch eine kleine Stelle durchbrechen mussten, um an die begehrte Kokosmilch zu gelangen. Wir bedankten uns bei ihm und setzten unsere kleine Inselerkundung fort.


Als nächstes kamen wir an einem kleinen Kunsthandwerksladen vorbei. In der Auslage (ein paar Holzregale vor dem kleinen Holzhaus) waren Conchschneckenhäuser, sowie jede Menge geflochtener Kokosbastarbeiten zu sehen. Diese Arbeiten sieht man sehr häufig in den Bahamas. Michi ging in den Laden, während ich einige Telefonate nach Deutschland machte. Als ich damit fertig war, folgte ich Michi ins Ladeninnere. Michi fragte mich, ob ich erraten konnte, wie alt die Ladenbesitzerin wäre. Diese Frau hatte glatte Gesichtszüge. Ich schäzte sie auf zirka 40 Jahre. Sie stellte sich als Debbi vor und sagte mir, sie wäre 52 Jahre alt, 5-fache Mutter und 7-fache Oma. Sie machte einen fröhlichen und ausgeglichenen Eindruck auf mich. Dabei erzählte sie uns Einiges aus ihrem Privatleben. Diese offene und freundliche Art der Unterhaltung konnten wir häufig in den Bahamas erleben. Nachdem Michi nicht den richtigen Strohhut fand, bot ihr Debbi an, diesen nach Michis Wünschen kurzerhand anzufertigen. Es würde auch nicht lange dauern. Michaela willigte ein und Debbi begann ihre Flechttätigkeit. Da wir für eine Unterwasserarbeit an unserem Propeller eine Tauchausrüstung benötigten, fragten wir Debbi, ob sie wisse, wo wir eine solche ausleihen könnten. Sie erzählte uns, das sowohl ihr Nachbar, ein Lobsterfischer, als auch die Besitzerin des Restaurantes, in welchem wir abends einen Platz zum Essen reservierten, eine solche hätten. Nachdem Debbi den Hut fertig hatte gingen wir zum Beiboot zurück und fuhren zur Aton. Dort angekommen nahmen wir erstmal ein Bad zur Erfrischung. den Nachmittag verbrachten wir damit, dass Michi Sonnenschutzmarkisen anfertigte und ich diesen Bericht verfasste.

Als dann endlich der Abend dämmerte, brezelten wir uns, dem Anlaß entsprechend (grins), auf, machten unser Dinghi fertig und fuhren in Richtung Insel. Während des Einlaufens in diese traumhafte Bucht, konnten wir im glasklarem Wasser auftauchende Meeresschildkröten, Stachelrochen und jede Menge an Rifffische beobachten. Dabei wurde uns wiederum unser Glück bewust, in dem wir erkannten, wie schön wir unser Leben gestalteten. Am Dinghi-Steg angekommen, machten wir unser Schlauchboot fest und gingen an Land. Auf den wenigen Metern in Richtung Restaurant begegneten wir dem Lobster-Fischer, der uns auch augenblicklich zwecks der Taucherausrüstung ansprach. Als wir ihm erklärten, dass wir die Ausrüstung (Pressluftflasche plus Lungenautomat) benötigten, um Arbeiten an unserem Propeller zu erledigen, wurde klar, dass er nur über einen Satz Tauchermaske mit Flossen verfügte und die Info von Debbi durch Übermittlungsfehler  entstanden waren. Wir bedankten uns bei ihm für die prompte Hilfestellung, uns sein Equipment zur Verfügung zu stellen und  setzten unseren Weg zum Restaurant fort. Dort empfing uns der Chef namensTerri. Er gab uns nach unserer Bestellung bereitwillig sein WiFi- Passwort. Wir bestellten Lobster (was sonst) und für den Sun Downer einen Rumpunsch. Augenblicklich begann Michi über das WiFi unsere Bilder in die Webseite hochzuladen. Zeitgleich versuchte ich (Franz), eine einmalige Situation auszunutzen. Eine seeeeeehr gute Freundin hat genau einen Tag nach mir Geburtstag. Den Umstand, dass ich noch ( 6 Stunden später) , und Sie ab Mitternacht (6 Stunden früher) Geburtstag hatte, wollten wir dieses Mal ausnutzen und eine Whats App- Lifeschaltung machen. Pünktlich um 18:00 Uhr Ortszeit schaltete ich mich Online. Leider stellten wir fest, dass unsere Freunde trotz des übermenschlichen Willens, Mitternacht zu erwarten, übermüdet wegen der winterlichen Zustände in Deutschlands kapituliert hatten und eingeschlafen waren. Wir konnten das vollkommen verstehen (P. und H. A., wir holen das nach). Als wir beide fertig waren, wurden unsere Lobster serviert. Ich kann nur eines sagen, „Einfach ein Gedicht“. Nachdem wir uns wunderbar unterhalten hatten, ging es an´s Zahlen. Dabei mussten wir beide überrascht feststellen, dass wir unsere Geldbörse nicht wieder befüllt und somit zu wenig dabei hatten. Hier muß ich anmerken, dass in den Bahamas Barzahlung bevorzugt wird. Sofern eine Lokalität das  Zahlen mit Kreditkarte anbietet, wird in der Regel ein Aufpreis dafür in Rechnung gestellt. Dieser liegt bei 8 – 12 %. Terri bot uns an, per PayPal zu zahlen. Da ich eine Gastronomierechnung vorher noch nie per Paypal beglichen hatte, versuchte ich mein Glück augenblicklich. Wärenddessen versuchte Terri, als selbsterklärter „Bahamian Womennizer“ Michi zu bezirzen. Er teilte ihr mit, dass sie zu ihm die übliche Begrüßung „hello“ nicht sagen solle, sondern „heaven high“. Auf die Rückfrage, wieso dies so wichtig wäre, sagte er, hello würde im Englischen auch „Hell low“, also „Hölle tief“ heißen, wogegen „Heaven High“ Himmel hoch heißt, und somit die richtige Begrüßung wäre. Einleuchtend oder…..!

Nach einem kurzweiligem Gespräch, in welchem Terri uns auch an seinen Deutsch-Kenntnisen teilhaben ließ, bekam ich die Überweisung doch noch zu meiner Verwunderung hin. Wir bedankten uns für den wundervollen Abend und gingen zurück zum Dinghi. Nachdem wir wieder wohlbehalten an Bord waren, schlossen wir diesen denkwürdigen Abend mit einem Becher Rotwein auf unserem Achterdeck ab. So einen Geburtstag hätte ich gerne öfter.

Leben an Bord, Teil 1

Leben an Bord, Teil 1

Michi
Vielleicht stellt Ihr Euch das Leben an Bord romantisch vor (vor allem diejenigen unter Euch, die noch nie auf einem Schiff gelebt haben). Ihr denkt womöglich, wir verbringen unsere Zeit hauptsächlich mit chillen, buchteln (also faul in einer Bucht liegen), baden und segeln.  Um Euch einen realen Eindruck unseres Lebens zu vermitteln, möchte ich Euch einmal aufzeigen, wie unser Leben an Bord so aussieht.

Körperhygiene: Wir haben eine Außendusche und die Armatur im Bad, die man auch als Dusche benutzen kann. Das Bad hat gut 1,0 qm Fläche. Das Wasser ist nur warm, wenn wir vorher den Motor laufen gelassen haben, ansonsten wird halt kalt geduscht. Da es hier auch immer noch Winter ist, und die Temperaturen, vor allem bei Wind, gefühlte 20 Grad oft deutlich unterschreiten, ist das manchmal schon unangenehm. Lothar hatte nach einem etwa einstündigem Schnorcheltrip mal einen regelrechten Schüttelfrost-Anfall, weil das Meer auch noch nicht wirklich warm ist. Da geht einem eine schöne warme Dusche schon ab.

Die Toilette hat eine handbetätigte Pumpe. Da der Auslass nicht sehr groß ist, muss unter Umständen ziemlich oft gepumpt werden. Dies war vor allem lästig, weil die Dichtung unserer Pumpe kaputt war, und es sehr schwer ging. Ich hatte manchmal fast eine Blase an der Hand. Lothi sei Dank, ist nun alles repariert und überholt, und es flutscht wieder wunderbar. Das Gästebad ist noch etwas kleiner und außerdem für große Leute sehr unbequem, da das Waschbecken unter eine Schräge eingebaut ist, in die man sich ggfs. hineinbeugen muss. Für Franz ist der Inbegriff von „Zeit haben“ eine Rasur unter freiem Himmel. Er hat das mal in Korsika bei einem alten Mann beobachtet, und zelebriert das jetzt genauso wie dieser damals.

Kochen: Gekocht wird mit Gas auf unserem zweiflammigen Herd. Dieser hat auch einen Backofen, der zwar nicht groß ist, aber wunderbar funktioniert. Wir haben eine Mikrowelle, einen Kühlschrank und eine Gefrierbox.  Sehr froh bin ich auch über meinen Thermo-Mix-Nachbau von Aldi, den ich aus Deutschland mitgebracht habe. Damit kann ich wiegen, hacken, mixen und kochen. Die Küche hat eine U-Form, damit man sich bei Schiffsbewegungen abstützen kann. Der Herd hat zwei Klammern, mit denen man die Töpfe bei Wellengang oder Krängung (also dem Schrägliegen des Schiffes) fixieren kann. Dann löst man auch die Arretierung, und der Herd „schwingt“ frei mit den Schiffsbewegungen mit. Brot backen wir meistens selbst, da es hier nur lappriges Toastbrot gibt. Leider bekommt man auch kein Roggenmehl. Bisher gab es meistens Hefeteig-Brot, aber wir wollen nun auch mit Sauerteig backen. Da ich eine sehr süße bin, gibt es von Zeit zu Zeit einen Kuchen, denn Schokolade ist unerschwinglich. Um Lebensmittel haltbar zu machen, habe ich in Florida verschiedene Gerichte und Gemüse in Gläsern eingekocht. Ganz so, wie man es früher gemacht hat.

Waschen: Ich bin stolze Besitzerin einer Camping-Waschmaschine. Diese stell` ich ins Bad und befülle die Trommel mit der Schmutzwäsche mit meinem Dusch-Schlauch mit Wasser. Das Waschen dauert ca. 10 Minuten. Dann kommt die Wäsche in die Wäsche-Schleuder, die ebenfalls Bestandteil der Waschmaschine ist. Die fertige Wäsche hänge ich dann kreuz und quer im ganzen Schiff zum Trocknen auf. Das Abwasser lasse ich über einen Schlauch direkt im Bad in einen Abwasser-Schacht, laufen. Die Wäsche wird so zwar frisch (also von Salz und Schweiß gereinigt), aber nicht wirklich sauber. Flecken gehen leider meistens nicht raus. Ab und zu leiste ich mir einen Waschsalon, wenn es einen gibt. Hier wird die Wäsche allerdings auch nicht heiß, sondern kalt, oder höchstens lauwarm gewaschen. Für eine große Maschine voller Wäsche und einer Trockner-Maschine habe ich in Staniel Cay $ 20,00 bezahlt.

Schlafen: Unser Bett ist für Schiffs-Verhältnisse ausreichend groß für uns zwei. Es ist an den Füßen ca. 50 cm, und am Kopf 150 cm breit. Leider sind die Matratzen nur ca. 10 cm dick und liegen direkt auf einer Holz-Abdeckung auf. Das ist relativ hart, und unsere Rücken mussten sich erst daran gewöhnen. Wir haben anfangs versucht, neue Matratzen, bzw. wenigstens einen Matratzen-Topper zu kaufen, haben aber nichts Passendes gefunden. Da sich unter den Matratzen ein Lagerraum befindet, und man diese deswegen von Zeit zu Zeit wegheben muss, dürfen sie nicht zu schwer sein, und müssen ja außerdem wegen der speziellen Form passgenau zugeschnitten werden. Mittlerweile schlafen wir aber recht gut darauf. An die Geräuschkulisse, die man vor allem im Bett wahrnimmt, mussten wir uns ebenfalls erst gewöhnen. Ständig knarzt, schabt, quietscht, klopft, schlägt und klingelt irgendetwas. Anfangs hab ich ganz oft Franz geweckt mit meinem: „Was war denn das?“. Mittlerweile sind mir viele Geräusche geläufig, und ich kann sie einordnen. Auch das Wasser, das gefühlte 10 cm vom Kopfkissen entfernt ständig gurgelt und plätschert, ist gewöhnungsbedürftig. Hoch sensibel reagiere ich bei Anker-Geräuschen, denn wie wir mittlerweile wissen, ist mit einem Anker, der evtl. nicht hält, nicht zu spaßen. Franz macht das alles gar nix aus; er schläft meistens seelenruhig und hört und merkt nichts.

Einkaufen: Da es in den Exumas auf 157 Seemeilen nur vier Einkaufsmöglichkeiten gibt (nämlich in Nassau, in Staniel Cay, in Black Point und in Georgetown), müssen diese auch genutzt werden. Wir haben uns zwar mit haltbaren Lebensmitteln so gut, wie es unsere Lagerkapazität erlaubt, eingedeckt. Aber frische Sachen müssen natürlich immer wieder eingekauft werden. Dies ist in den Bahamas, je weiter südlich, desto teurer, da alles erst dorthin gebracht werden muss. Hier in Staniel Cay kosten zum Beispiel: 1 Ltr. Milch $ 4,50, 10 Eier  $ 5,00, 1 O-Saft  $ 10,00, 1 Avokado  $ 4,00, 1 gr. Joghurt  $ 6,80, Alkohol unbezahlbar. Ein Großeinkauf sieht so aus, dass wir unsere zwei großen, wasserdichten Seesäcke, und zwei zusammenklappbare Sackkarren ins Dingi verfrachten, und irgendwo an Land gehen. Dann latschen wir, unter Umständen über Stock und Stein, zum Laden. Dort wird eingekauft und alles möglichst schonend in die Seesäcke gepackt. Diese werden auf dem Sackkarren befestigt, und dann geht`s wieder zurück zum Dingi. Das Ein- und Ausladen der schweren Säcke ins und vom schaukelnden Dingi ist dann schon spannend. Bis jetzt haben wir aber noch nichts versenkt. Wenn wir mit ausgeliehenen Rädern fahren können, macht das Ganze gleich viel mehr Spaß. Hin und wieder müssen wir auch mit den Propangas-Flaschen für unseren Herd zum Auffüllen fahren. In Bimini stand hierfür ein LKW am Ende der Insel im Wald, und wir genossen den schönen Weg dorthin.

Schiffsbewegungen: Wenn möglich vermeiden wir natürlich das Segeln in schwerem Wetter, oder bei hohem Wellengang. Aber manchmal geht es leider nicht anders. Gottseidank bin ich so gut wie gar nicht, und Franz überhaupt nicht seekrank-anfällig. Dabei sind vor allem das Rollen des Schiffes (also die Bewegungen von links nach rechts) sehr unangenehm. Aton ist dank ihrer Trägheit nicht sehr anfällig dafür, aber wenn die Welle quer kommt, fängt auch sie damit an. Wenn wir in einer Bucht liegen, kommt es sehr selten vor, dass das Schiff wirklich ruhig liegt. Meistens gibt es ein mehr oder weniger intensives Schaukeln, je nach Welle, Strom, Wind und dem Schwell anderer, vorbei-fahrender Schiffe.

Müll: Wir sammeln den Müll und geben ihn an Land ab. Dies ist nicht billig (eine Tüte $ 6,80), aber die Bahamians haben ja keine Recycling-Anlage, weswegen das Meiste verbrannt wird.

Raumhöhe / Türen: Ich habe damit kein Problem, aber Franz muss durch unsere schmalen Türen immer im „Ägypter-Schritt“ gehen (also seitlich). Um bei einem Wassereinbruch ein Verteilen des Wassers zu verhindern, gibt es an jeder Türe eine hohe Schwelle, die schon so manchem Zehen im Weg war. Die größte Steh-Höhe gibt es im Salon und im Schlafzimmer. In den Bädern und im Gästezimmer ist die Höhe wegen der schrägen Decke schon sichtlich weniger. Wir kommen gut damit klar, aber für größere Leute heißt es „Kopf einziehen“ (Sorry, Michi und Reini).

20.02.2019 Schweine-Bucht

20.02.2019 Schweine-Bucht

Michi
Die Bahamians haben sich für die Touristen eine „Attraktion“ ausgedacht: Es gibt eine Bucht, in der Hausschweine leben, und zu den Touris in den Booten schwimmen, weil sie da gefüttert werden. Auf sowas stehen wir eigentlich gar nicht, und wollten ursprünglich nicht hinfahren. Aber nach dem ganzen WhatsApp-Geschreibe in der Familiengruppe, haben wir doch eine Nacht dort verbracht, damit wir auch mitreden können. Es lagen ungefähr 50 Schiffe in der Bucht, auch ziemlich große Super-Jachten. Am Strand selbst war gar nicht so wahnsinnig viel los, als wir mit dem Dingi hingefahren sind. Die Schweinchen werden offensichtlich über Nacht in einen Koben eingesperrt, und betteln tagsüber die Touristen an. Der ganze Strand riecht etwas streng, ist aber sonst recht schön. Es gibt diverse Filme, auf denen zu sehen ist, dass sie auch beißen, aber bei uns waren sie sehr friedlich. Wir entfernten uns vom Dingi, und schon kletterte eine Sau halb ins Dingi rein. Sie roch den Müllbeutel, den wir dort aufbewahren, und beschloss, darin ein bisschen rumzuwühlen. Wir scheuchten sie sie wieder weg, und fuhren auch bald zum Schiff zurück.

Am nächsten Tag ging Lothi`s Heimflug von Staniel Cay aus. Wir brachten ihn zum Flughafen, der nichts weiter als eine Office-Hütte, und eine offene Wartehütte ist. Die Fluggäste können direkt vom Rollfeld mit ihrem Gepäck zum Dingi-Steg laufen. Die Flieger der Flamingo-Air sind alle recht klein, und Franz hat Folgendes beobachtet, als er Lothi eine Woche vorher hier abgeholt hat: Ein Flieger landete, und der (einzige) Pilot stieg aus, und befestigte erstmal eine Stange am Hinterteil des Flugzeugs, damit dieses nicht aufschnappt, wenn die Fluggäste hinten aussteigen. Dann verlassen alle Gäste den Flieger, das Gepäck wird vom Piloten aus einem Außenfach angereicht. Bald darauf steigen auch schon die neuen Fluggäste ein. Die Stange wird wieder entfernt, wenn alle drin sind, und der Pilot macht die Sicherheits-Einweisung. Hierzu kniet er sich in den Mittelgang, da aufrechtes Stehen aufgrund der Höhe nicht möglich ist, und erklärt in altbekannter Form den Gebrauch der Rettungswesten etc. Danach setzt er sich in die Kabine, und auf geht`s. Das ist recht lustig anzusehen, und sicherlich auch recht abenteuerlich, wenn man mitfliegt. Peter und Agnes, ihr könnt Euch schon mal freuen. Allerdings gehört der Flug von Nassau über Blackpoint nach Staniel Cay wohl auch zu den besonders schönen. Man fliegt fast die ganze Exuma-Insel-Kette entlang, und bekommt den ersten Blau-Rausch aufgrund der Wasser-Farben.

15. – 19.02.2019 Schnorcheln im Aquarium

15. – 19.02.2019 Schnorcheln im Aquarium

Michi

Mir war ja von vorneherein klar, wenn Lothar kommt, der viele Jahre als Bordtechniker auf Superjachten gearbeitet hat, muss ich meinen Kapitän nicht nur teilen, sondern quasi abgeben. Die beiden fachsimpeln stundenlang, konstruieren, verbessern und refitten unser Schiff, dass es eine wahre Pracht ist. 70 % aller Gespräche sind technischer Natur, bei 20 % geht`s um`s Fischen, und vielleicht 10 % bleibt für den Rest. Aber gut, 10 Tage kann man das schon mal aushalten. Außerdem schwätzt Lothi nicht nur, sondern packt auch an, und so ist der Ablauf unseres Bades, sowie die Toiletten-Spül-Pumpe nach einigen Tagen komplett überholt und repariert. Er gibt Franz viele wertvolle Tipps, und wir sind wirklich froh, über unseren Technik-Supporter. Danke Lothi!

Nachdem die beiden also auch diesen Vormittag über der Maschine gehängt sind, und den Einbau unseres neuen watermakers diskutiert haben, lege ich gegen Mittag mein Veto ein, und wir gehen schnorcheln. Direkt neben unserer Boje ist ein Wrack, das von Korallen und Fischen bewohnt wird. Wir erkunden ein wunderschönes Riff, obwohl wir hier ziemlich gegen den Strom paddeln müssen. Das Wasser ist so klar, dass man das Gefühl hat, mitten in einem Aquarium zu schwimmen. Es gibt bunte Korallen und Fische in allen Farben und Formen, und auch zwei Schildkröten werden gesichtet. Das Dingi befestige ich um meinen Körper, und ziehe es mit; so bekomme ich noch eine extra Portion Bewegung. Auf dem Rückweg im Dingi sehen wir Bulli, den Hai, wieder. Er zieht seine Kreise zwischen den Schiffen und ist offensichtlich an die Schnorchler gewöhnt.

Wir bleiben noch einmal über Nacht hier, und genießen die geschützte Bucht und die Ruhe im Boot. Da es hier an Land einige Tracks zu erkunden gibt, und die Männer keine Lust zu laufen haben, mache ich mich alleine auf den Weg. Es geht zuerst durch Mangroven auf den Boo Boo Hill, in dessen Nähe blowholes, also Höhlen, die die Brandung unterirdisch geschaffen haben, zu erkunden sind. Danach geht es an der Atlantikseite der Insel an der Küste entlang, wo man immer wieder schöne Ausblicke genießen kann. Durch einen schönen, schattigen Palmenhain geht ein schmaler Pfad, der teilweise sehr zugewachsen ist, aber ab und zu weisen Schilder den Weg. Ich laufe immer weiter, bis ich an einem traumhaften, schneeweißen Sandstrand wieder ans Wasser komme. Leider geht es hier nicht mehr weiter, und ich muss wieder ein gutes Stück zurück. Nun geht es über spitze Felsen, die an Lava erinnern, und zwischen großen, tiefen Löchern, aus denen teilweise Pflanzen wachsen, über einen kleinen Hügel. Auf einmal huscht irgendetwas pelziges in ein kleines Loch. Als ich reinschaue, sehe ich nur Dunkelheit. Also weiter. Um ein paar Ecken, und schon wieder huscht etwas über den Weg. Dieses Mal bleibt es unter einem Busch sitzen, und ich kann das Tierchen betrachten. Es muss irgendein Nagetier sein, und sieht aus, wie ein großes Meerschweinchen mit braunem Fell. Wieder zurück bekomme ich erst mal von Franz geschimpft, dass ich mein Funkgerät ausgeschalten hatte, und er  mich nicht erreichen konnte. Ich war lange unterwegs, und die zwei haben sich Sorgen gemacht. Daran hab ich wieder mal nicht gedacht, ich wollte halt den Akku-Strom des Funkgeräts sparen. So hab ich meine Denke schon an das Jachtie-Leben gewöhnt.

Franz und Lothar wurden zwischenzeitlich an Bord Zeugen, wie ein einlaufendes Schiff im engen Fahrwasser abgekommen, und im Seichten aufgelaufen ist. Nur mithilfe von zwei Motorbooten der Nationalpark-Verwaltung, mit viel Geschrei, und eine Stunde später, kam er wieder frei. Das ist das typische Hafenkino, das es überall gibt. Irgendeiner meint immer, er kann besonders lässig, schnell, oder schlau sein.

Am nächsten Tag segeln wir im Atlantik wieder ein Stück weiter bis Cambridge Cay. Franz und ich erkunden ein Riff, und wir genießen wieder einmal einen wunderschönen Sonnenuntergang. Kaum ist die Sonne verschwunden, blasen manche anderen Jachties auf Muscheln ihren Tribut. Das klingt wie eine dumpfe Trompete, hat aber nur wenige Töne. Trotzdem finden wir, dies ist ein schöner Brauch, und hören es immer wieder gerne. Am nächsten Tag gehen wir wieder zu dritt schnorcheln. Wir sind gerade auf dem Weg zu einem weiter entfernten Felsen, als wir zwei größere Rochen im kristallklaren Wasser über den Sand schweben sehen. „Halt, ich spring gleich rein.“,  sag ich, Taucherbrille auf, und schon bin ich über Bord gehüpft. „Pass auf, und nähere Dich nie von hinten, der peitscht mit seinem Schwanz!“, ruft mir Lothar noch hinterher. Der Rochen liegt auf dem Sand, und hat noch zwei Schiffshalter-Fische auf seinem Rücken dabei. Diese saugen sich an ihm fest, und leben von Abfällen, die der Rochen fallen lässt. Seine Augen stehen oben, damit er rundum gut sehen kann. Er lässt sich von mir nicht besonders stören, und „segelt“ ganz gemächlich weiter. Ein tolles Erlebnis. Ich klettere wieder ins Dingi, und weiter geht’s. Am Felsen angekommen, ist der Sprit alle, und wir füllen nach. Dabei bemerken wir, dass der Nachfüll-Sprit nicht besonders viel ist. Hoffentlich kommen wir wieder bis zum Schiff (auch diesmal sind die Paddel dabei!). Irgendwann werden wir`s schon noch lernen. Wir machen am Felsen unser Dingi an einer Boje fest, und springen ins Wasser. Schon sind wir mittendrin in einem Schwarm von Zebra-Fischen und einem schönen Riff, in dem viele Fische wohnen. Wir schnorcheln zu einer Höhle, in die wir dank Ebbe rein können. An der Decke ist ein Loch, durch das Sonnenlicht fällt. Es gibt Stalagniten und -titen, und es herrscht eine ganz besondere Akustik. Da der Dingi-Gott uns diesmal gnädig ist, schaffen wir es wieder bis zum Schiff zurück. Abends backe ich noch Kuchen, und wir lassen uns ein Risotto schmecken.

Am nächsten Tag segeln wir mit schönem Wind im Atlantik aus den Grenzen des Exuma-Nationalparks raus, und schleppen einen Köder hinterher (im Nationalpark ist fischen strengstens verboten). Leider beißt keiner an, obwohl viele fliegende Fische von Räubern zeugen, die Hunger haben. Wir bleiben in Thomas Cay über Nacht, und legen nachts eine Lobster-Falle aus, aber auch die ist am nächsten Tag leer. So gibt es wieder keinen Fisch, und ich backe mein letztes Sauerteigbrot (Brotback-Mischung vom deutschen Aldi). Gottseidank hat Lothi von zuhause selbst Geräuchertes mitgebracht, das als Fisch-Ersatz herhalten muss. Vielen Dank an das Räucher-Team, wir genießen es sehr!

 

06.+07.02.2019 Die ersten Exumas: Norton Cay, Saddle Cay

06.+07.02.2019 Die ersten Exumas: Norton Cay, Saddle Cay

Aton

Nachdem wir in Norman Cay angekommen waren, ankerten wir vor der Westküste an einem schönen, einsamen Strand. Mir ist sowas ja immer viel lieber, als an einem Platz, wo sich schon einige andere Jachten um einen guten Platz streiten. Ich mag es nicht, mich eng an andere ranzudrängeln, gottseidank denken Franz und Michi da auch so. Denen ist ein bisschen Einsamkeit auch immer ganz recht.
Kaum waren wir da, wurde das Dingi klargemacht, und (natürlich mit Paddel!) an Land gefahren, um den Strand zu erkunden. Ganz ehrlich glaube ich, dass die Michi um jedes bisschen Bewegung froh ist. Ab und zu, wenn sie es gar nicht mehr aushält, macht sie ihre Übungen am winzigen Platz am Niedergang. Und außerdem werden Klimmzüge gemacht, und jedes Segelmanöver am liebsten von ihr ausgeführt. Da wird gewinscht (zumindest, wenn das nicht meine Elektro-Winschen erledigen), das Hauptsegel hochgezogen und geborgen, die Genua rausgezogen, und auf Exkursionen gegangen. Sogar das Rudern im Dingi übernimmt sie, und Franz lässt sich gemütlich rumschippern. Wenn ihr mich fragt, ist die Michi permanent unterfordert.

Am nächsten Morgen, nachdem auch die andere Seite des Strandes erkundet wurde, ging es weiter Richtung Norden. Franz und Michi kamen aus dem Staunen über die vielfältigen grün-, blau- und türkisen Farben des Wassers gar nicht mehr raus. Wir fanden zuerst einen Ankerplatz, der zwar wunderschön war, wo aber der Ostwind ziemlich reinblies. Also, Anker wieder auf, und weitergesucht. Franz erinnerte sich daran, dass Frank von der Cayluna einen Platz vor Saddle Cay empfohlen hatte, bei dem die Ansteuerung von der Atlantikseite im Osten der Exumas erfolgt. Nachdem der Platz und die Ansteuerung auf der Karte ausfindig gemacht wurden, machten wir uns auf den Weg. Zwischen Felseninseln hindurch ging es auf die Atlantikseite, wo uns eine rauhe See erwartete. Wir hatten zwar nur eine knappe Seemeile auf dieser Seite zu fahren, aber die Atlantikwellen liefen genau quer, was mich ziemlich rollen ließ. Ich hab mich echt bemüht, aber die ein oder andere Welle haben uns ganz schön durchgeschüttelt. Zwischen Korallenköpfen hindurch tasteten wir uns zur Einfahrt in die Bucht vor, die wir erst im allerletzten Moment gesehen haben, weil sie nur ein paar Meter breit ist. Dahinter sah man schon türkisblaues, glasklares Wasser leuchten. Aber vorher war da noch diese schmale Einfahrt, die außerdem eine sehr dunkle Farbe hatte. Waren das Felsen? Korallen? Eine Untiefe? Michi stand am Bug und schrie ins Funkgerät „Ich glaube, das geht!“, aber Franz hörte sie wegen der Windgeräusche nicht. Er stoppte auf, weil er sich nicht sicher war, und schon vertrieb mich der Wind Richtung Felsen. Gottseidank gab er dann doch beherzt Gas, und fuhr durch. Kaum waren wir drin, war das Wasser angenehm ruhig, und auch der Wind weniger. Wir befanden uns in einem riesigen, hellblau-türkisen Swimming-Pool! Rechts ein schneeweißer Strand, ringsum palmenbewachsene Hügel, und das Wasser so klar, dass man jede Sandwelle am Grund erkennen konnte. Es sah zwar nicht so aus, aber in der Fahrrinne hatte ich gerade eben so Platz. Wir fuhren noch um eine Ecke, und ankerten dann absolut windgeschützt inmitten einer zauberhaften, kleinen Bucht, umgeben von kleinen Felsen-Inselchen. Es war nicht viel Platz, aber wir waren ja alleine hier. Wenn die starke Strömung nicht verhindert hätte, sofort vom Schiff ins Wasser zu hüpfen, wäre das der absolut perfekte Ankerplatz. Keine Welle, ich lag absolut ruhig im herrlichsten Wasser. Der Strand, der sogleich von Franz und Michi erkundet wurde, bestand aus einem puderweichen, weißen Sand. So wie man das halt in der Werbung immer so sieht. Es gab auch diverse Hütten für Ausflugsgäste, aber an diesem Tag war gottseidank niemand da. Die zwei freuten sich wie Kinder, dass sie dieses Plätzchen gefunden hatten. Nach dem Abendessen paddelten sie noch einmal zum Strand rüber, um an einem Lagerfeuer den Tag ausklingen zu lassen.

05.02.2019 Exumas, wir kommen

05.02.2019 Exumas, wir kommen

Franz:

Nachdem durch einen Übermittlungsfehler die Flugdaten meines Bruders leider um eine Woche verändert (nach hinten verschoben) wurden, haben wir uns kurzerhand entschlossen, Nassau den Rücken zu kehren und in Richtung Exumas zu verlassen. Da der zu erwartende Schlag deutlich über 30 nautische Meilen betrug, haben wir wieder einmal unsere Wecker gestellt, damit wir  möglichst früh den Hafen verlassen konnten, um unser Ziel noch bei Tageslicht zu erreichen. Am Abend vorher hatten wir noch Besuch der Bahamas Boarder Control. Gerade als wir den Tisch gedeckt hatten für eine Brotzeit, kamen fünf Beamten ans Boot. Zwei von Ihnen kamen an Bord. Als erstes wurden unsere Brotzeitmesser auf die Seite geräumt (wir könnten ja damit auf sie losgehen), dann musste ich die Sicherheits-ausrüstung vorzeigen (Rettungswesten, Feuerlöscher, Medizin-Notfall-Koffer, Seenotrettungsmittel), und Fragen nach Waffen beantworten. Derweil kontrollierte der andere die Papiere, gab die Daten per Funk durch, und machte fleißig Notizen. Aber alles war o.k. , wir bekamen eine Bescheinigung, und sie fuhren zum nächsten Schiff.

Kurz nach Morgengrauen hieß es: Morgentoilette erledigen, Schiff klar machen, Rettungswesten anziehen und Funkgeräte bereitstellen, Ankerbesteck herrichten, Großsegel hochziehen, Motor starten und Anker lichten. Danach folgte das ruhige hinaustuckern aus dem Hafen, zwischen den ankerliegenden Schiffen, deren Besatzungen noch schliefen. Als nächstes durchfuhren wir die beiden großen Brücken (es ist jedesmal ein wahrer Adrenalinschub, wenn man mit einer Segeljacht, deren Mast knapp 18 Meter hoch ist, eine Brückendurchfahrt aus der Froschperspektive erlebt). Sobald wir diese passiert hatten, hieß es nur noch, von den Untiefen freihalten und den Verkehr beobachten. Aber um diese Uhrzeit sind nur ein paar Fischer sowie ein Postschiff unterwegs. Die friedliche Stille lässt uns beide in eine meditative Stimmung verfallen. Jeder von uns genießt diese Morgenstimmung. Schiffe, Häuser, Menschen, alles gleitet an uns vorbei, taucht vor uns auf und verschwindet hinter uns auf gleiche Weise. Da der Wind bereits etwas zugenommen hatte, haben wir auch unsere Genua gesetzt. Nach wenigen Minuten hatten wir soviel Fahrt, dass wir die Hauptmaschine stoppen konnten. Plötzlich herrschte Ruhe. Nahezu lautlos glitten wir duch den Kanal hinaus in die See. Als wir genügend Freiraum zum Setzen unseres Kurses hatten, wurden die Segel dem neuen Kurs angepasst, der Autopilot programmiert und wir nahmen eine gemütlichere Sitzposition ein. So, jetzt hieß es erst mal Kaffee machen (ohne Kaffee geht bei mir gar nichts). Kardanik am Herd entriegeln (notwendig, wenn man auf See versucht, zu kochen), Topf mit Wasser draufstellen, Kaffeefilter und Termoskanne bereitstellen, Kaffeepulver einfüllen und warten bis das Wasser kocht. Nach endlosen Minuten kündigt der aufsteigende Wasserdampf endlich die finale Phase der Kaffeezeremonie an. Jetzt kommt der kritische Teil: das Aufbrühen! Liebe mitfühlende Lesergemeinschaft, stellt Euch jetzt bitte einen permanent schwankenden, jede Welle und jede Windböhe reagierenden Untergrund vor. Und nun balanciert man mit einem Topf kochenden Wassers die Treppe des Niedergangs empor, um im Cockpit dasselbe in den Einfülltrichter auf der Kaffeekanne freihändig einzufüllen. Sowie das Schiff dann wegen Wind durchkränkt (sich Windrichtungsabhänging neigt), versteht man, eine Tasse Morgenkaffee zu wertschätzen. Was dann folgt, ist eine Mischung aus tiefster, innerer Zufriedendeit, gepaart mit dem Wissen, alles richtig gemacht zu haben. Es ist Dienstag Morgen. Michaela und ich sinnieren, was wir in unserem alten Leben normalerweise genau jetzt tun würden: Arbeit, Büro, Alltag. Im Rückblick fällt uns auf, dass zwischen der finalen Entscheidung, unser altes Leben auf zu geben und uns ein Schiff zu kaufen, noch nicht mal ein Jahr vergangen war. Was für ein irres Arbeitspensum wir doch da hingelegt hatten. Und nun; nun sitzen wir hier, im Cockpit unseres eigenen Schiffs, eine Tasse Kaffee in der Hand, mitten unter der Woche und segeln in die Exumas. Was bietet uns das Leben denn noch?

Als wir den Kanal in Nassau verließen, haben wir einen Segler überholt, der augenscheinlich den gleichen Kurs hatte, wie wir. Da wir bereits im Kanal die Segel gesetzt hatten, konnten wir ohne Zeitverzug unseren neuen Kurs ansetzen und drauf lossegeln. Nach einer geraumen Zeit musste ich feststellen, dass unser mühsam herausgefahrener Vorsprung nach und nach dahinschmolz. Ich machte Michi auf diesen Tatbestand aufmerksam und versuchte zugleich, unsere Segelstellung zu überprüfen. Ich wusste, dass wir ein schnelles Schiff hatten. Wie konnte es also sein, dass dieses deutlich kleinere Schiff schneller war als wir? Michi erinnerte sich, eine Anleitung über Segeltrimm ausgedruckt zu haben. Nach wenigen Minuten wurde sie fündig. Schritt für Schritt gingen wir nun zuerst das Großsegel und danach das Vorsegel durch. Baumniederholer fieren, Großschot fieren, Genuaschot fieren, Verholepunkt versetzen und immer den Bootsspeed kontrollieren. Nach wenigen Minuten hatten wir die Geschwindigkeit um mehr als einen Knoten erhöht. Und siehe da, unser mitsegelnder Freund konnte plötzlich nicht mehr mithalten. Mit jeder Minute fiehl er mehr und mehr ab, bis er irgendwann außer Sicht war. Okay, das klingt in manchen Ohren jetzt vielleicht nach typischen Männerspielchen, aber auch das ist segeln. Wenn man ein derart schnittiges Teil wie die Aton sein Eigen nennen darf, dann  spielt immer auch ein gewisser Grad an Ehrgeiz mit, sorry.

Da der Wind uns treu blieb und eher an Intensität etwas zunahm, änderten wir unser ursrüngliches Ziel Highbourne Cay und wählten das etwas entferntere Norman Cay. Mit durchschnittlich 7 Knoten Fahrt rauschten wir bei leichtem Segelwind die knapp 46 SM hinunter und kamen nachmittags um 15:40 in der Zielbucht erschöpft, aber rundum zufrieden und glücklich an. So endete für uns ein sehr schöner Arbeitstag.