01.06.2018 Rettung durch einen Zufallsknoten

01.06.2018 Rettung durch einen Zufallsknoten

Michi

Das schlechte Wetter begleitet uns die nächsten Tage: es ist bedeckt, regnet viel, und fühlt sich teilweise klamm und kühl an. Ich fühle mich fast wie in Europa: Baguette und Croissants, die wir mit Euro zahlen, zum Frühstück, und dazu Regen und Gänsehaut. Jetzt bin ich so weit übers Meer gesegelt, mitten in die Karibik, und jetzt frierts mich ?! Dazu kommt, dass die Bucht, in der wir liegen, bekannt für seine böigen Fallwinde ist, die fauchend von den umliegenden Hügeln übers Wasser fegen, und den vielen Schiffen Respekt einflößen. Jeder zittert, dass sein Anker oder die Mooring-Boje, an der er hängt, den ca. 35 und mehr Knoten-Böen standhält. Nachts wird es besonders schlimm. Immer wieder vibriert ATON in den bösartig lauten Böen, und unsere Festmacherleine an der Boje quietscht und knarrt laut. Als wir an Marco`s Abreisetag gerade morgens im Bett liegen, hören wir jemand rufen: „Aton, Aton, bon jour, Aton, Aton ?!“. Franz geht rauf, und sieht die Bescherung, auf die uns unser Nachbar aufmerksam machen wollte: Unser Dinghi wurde in der Nacht von einer Böe erfasst, und umge-worfen. Es schwimmt kopfüber, der Außenborder hängt komplett im Salzwasser, und verbreitet eine schillernde Öl- und Benzin-Lache. Natürlich ist das nur uns passiert, alle anderen Dinghis hängen noch richtig rum brav hinter ihren Schiffen. Hilft nix, wir drehen das Dinghi um und holen den Außenborder an Bord. Nach dem Frühstück macht sich Franz gleich an die Arbeit, und nimmt den Motor auseinander, um den Schaden zu besichtigen.

Ich gehe zum Bug, um unsere Festmacherleine zu kontrollieren. Diese wird links und rechts am Bug festgemacht, und durch die Boje durchgefädelt. Sieht alles normal aus. Rechts geht die Leine über die Leinenführung bis zur Boje und steht enorm unter Spannung. Links geht die Leine ebenfalls über die Leinenführung ins Wasser und – IST TOTAL LOSE !!! Ich ziehe daran, und halte schon bald ein abge-brochenes Ende der Leine in der Hand, die dicker als mein Daumen ist. Oh Gott, das heißt, wir hängen nur noch an einem Ende an der Boje, und das auch nur, weil sich dieses Ende irgendwie zufällig von selbst verknotet hat, als ATON sich im Wind um die Boje gedreht hat. Ich schlage sofort Alarm, und renne, um den Motor anzumachen. Franz und Marco holen eine neue, noch dickere Leine und bitten unseren Nachbarn, der uns bereits beobachtet, mit dem Dinghi an die Boje zu fahren, und unsere neue Leine durchzuziehen. Das klappt auch gleich, und wir hängen nun wieder sicher. Bei näherer Untersuchung stellte sich heraus, dass der Wind nicht der allein Schuldige war. Die Leine hatte an der Seite des Ankers gerieben, und wurde dabei mit der Zeit immer dünner, und schließlich durchtrennt. Nicht auszudenken, wenn wir uns komplett losgerissen hätten. Unser Hintermann wäre wahrscheinlich nicht begeistert gewesen, bei Nacht und Sturm von einem 24 Tonnen-Schiff gerammt zu werden. Hätten wir ihn „verpasst“, wären wir auf die offene See getrieben, was nicht so schlimm gewesen wäre. Irgendwann hätten wir schon gespannt, dass nur noch Wasser um uns ist.

Zum x-ten Mal also mal wieder Glück im Unglück gehabt. Wir strapazieren unsere Schutzengel ganz schön, und langsam aber sicher ist uns die Aufregung nun doch bald too much. Aber, jammern gilt nicht, schließlich wollten wir`s ja nicht mehr langweilig.


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