Leben an Bord, Teil 1
Michi
Vielleicht stellt Ihr Euch das Leben an Bord romantisch vor (vor allem diejenigen unter Euch, die noch nie auf einem Schiff gelebt haben). Ihr denkt womöglich, wir verbringen unsere Zeit hauptsächlich mit chillen, buchteln (also faul in einer Bucht liegen), baden und segeln. Um Euch einen realen Eindruck unseres Lebens zu vermitteln, möchte ich Euch einmal aufzeigen, wie unser Leben an Bord so aussieht.
Körperhygiene: Wir haben eine Außendusche und die Armatur im Bad, die man auch als Dusche benutzen kann. Das Bad hat gut 1,0 qm Fläche. Das Wasser ist nur warm, wenn wir vorher den Motor laufen gelassen haben, ansonsten wird halt kalt geduscht. Da es hier auch immer noch Winter ist, und die Temperaturen, vor allem bei Wind, gefühlte 20 Grad oft deutlich unterschreiten, ist das manchmal schon unangenehm. Lothar hatte nach einem etwa einstündigem Schnorcheltrip mal einen regelrechten Schüttelfrost-Anfall, weil das Meer auch noch nicht wirklich warm ist. Da geht einem eine schöne warme Dusche schon ab.
Die Toilette hat eine handbetätigte Pumpe. Da der Auslass nicht sehr groß ist, muss unter Umständen ziemlich oft gepumpt werden. Dies war vor allem lästig, weil die Dichtung unserer Pumpe kaputt war, und es sehr schwer ging. Ich hatte manchmal fast eine Blase an der Hand. Lothi sei Dank, ist nun alles repariert und überholt, und es flutscht wieder wunderbar. Das Gästebad ist noch etwas kleiner und außerdem für große Leute sehr unbequem, da das Waschbecken unter eine Schräge eingebaut ist, in die man sich ggfs. hineinbeugen muss. Für Franz ist der Inbegriff von „Zeit haben“ eine Rasur unter freiem Himmel. Er hat das mal in Korsika bei einem alten Mann beobachtet, und zelebriert das jetzt genauso wie dieser damals.
Kochen: Gekocht wird mit Gas auf unserem zweiflammigen Herd. Dieser hat auch einen Backofen, der zwar nicht groß ist, aber wunderbar funktioniert. Wir haben eine Mikrowelle, einen Kühlschrank und eine Gefrierbox. Sehr froh bin ich auch über meinen Thermo-Mix-Nachbau von Aldi, den ich aus Deutschland mitgebracht habe. Damit kann ich wiegen, hacken, mixen und kochen. Die Küche hat eine U-Form, damit man sich bei Schiffsbewegungen abstützen kann. Der Herd hat zwei Klammern, mit denen man die Töpfe bei Wellengang oder Krängung (also dem Schrägliegen des Schiffes) fixieren kann. Dann löst man auch die Arretierung, und der Herd „schwingt“ frei mit den Schiffsbewegungen mit. Brot backen wir meistens selbst, da es hier nur lappriges Toastbrot gibt. Leider bekommt man auch kein Roggenmehl. Bisher gab es meistens Hefeteig-Brot, aber wir wollen nun auch mit Sauerteig backen. Da ich eine sehr süße bin, gibt es von Zeit zu Zeit einen Kuchen, denn Schokolade ist unerschwinglich. Um Lebensmittel haltbar zu machen, habe ich in Florida verschiedene Gerichte und Gemüse in Gläsern eingekocht. Ganz so, wie man es früher gemacht hat.
Waschen: Ich bin stolze Besitzerin einer Camping-Waschmaschine. Diese stell` ich ins Bad und befülle die Trommel mit der Schmutzwäsche mit meinem Dusch-Schlauch mit Wasser. Das Waschen dauert ca. 10 Minuten. Dann kommt die Wäsche in die Wäsche-Schleuder, die ebenfalls Bestandteil der Waschmaschine ist. Die fertige Wäsche hänge ich dann kreuz und quer im ganzen Schiff zum Trocknen auf. Das Abwasser lasse ich über einen Schlauch direkt im Bad in einen Abwasser-Schacht, laufen. Die Wäsche wird so zwar frisch (also von Salz und Schweiß gereinigt), aber nicht wirklich sauber. Flecken gehen leider meistens nicht raus. Ab und zu leiste ich mir einen Waschsalon, wenn es einen gibt. Hier wird die Wäsche allerdings auch nicht heiß, sondern kalt, oder höchstens lauwarm gewaschen. Für eine große Maschine voller Wäsche und einer Trockner-Maschine habe ich in Staniel Cay $ 20,00 bezahlt.
Schlafen: Unser Bett ist für Schiffs-Verhältnisse ausreichend groß für uns zwei. Es ist an den Füßen ca. 50 cm, und am Kopf 150 cm breit. Leider sind die Matratzen nur ca. 10 cm dick und liegen direkt auf einer Holz-Abdeckung auf. Das ist relativ hart, und unsere Rücken mussten sich erst daran gewöhnen. Wir haben anfangs versucht, neue Matratzen, bzw. wenigstens einen Matratzen-Topper zu kaufen, haben aber nichts Passendes gefunden. Da sich unter den Matratzen ein Lagerraum befindet, und man diese deswegen von Zeit zu Zeit wegheben muss, dürfen sie nicht zu schwer sein, und müssen ja außerdem wegen der speziellen Form passgenau zugeschnitten werden. Mittlerweile schlafen wir aber recht gut darauf. An die Geräuschkulisse, die man vor allem im Bett wahrnimmt, mussten wir uns ebenfalls erst gewöhnen. Ständig knarzt, schabt, quietscht, klopft, schlägt und klingelt irgendetwas. Anfangs hab ich ganz oft Franz geweckt mit meinem: „Was war denn das?“. Mittlerweile sind mir viele Geräusche geläufig, und ich kann sie einordnen. Auch das Wasser, das gefühlte 10 cm vom Kopfkissen entfernt ständig gurgelt und plätschert, ist gewöhnungsbedürftig. Hoch sensibel reagiere ich bei Anker-Geräuschen, denn wie wir mittlerweile wissen, ist mit einem Anker, der evtl. nicht hält, nicht zu spaßen. Franz macht das alles gar nix aus; er schläft meistens seelenruhig und hört und merkt nichts.
Einkaufen: Da es in den Exumas auf 157 Seemeilen nur vier Einkaufsmöglichkeiten gibt (nämlich in Nassau, in Staniel Cay, in Black Point und in Georgetown), müssen diese auch genutzt werden. Wir haben uns zwar mit haltbaren Lebensmitteln so gut, wie es unsere Lagerkapazität erlaubt, eingedeckt. Aber frische Sachen müssen natürlich immer wieder eingekauft werden. Dies ist in den Bahamas, je weiter südlich, desto teurer, da alles erst dorthin gebracht werden muss. Hier in Staniel Cay kosten zum Beispiel: 1 Ltr. Milch $ 4,50, 10 Eier $ 5,00, 1 O-Saft $ 10,00, 1 Avokado $ 4,00, 1 gr. Joghurt $ 6,80, Alkohol unbezahlbar. Ein Großeinkauf sieht so aus, dass wir unsere zwei großen, wasserdichten Seesäcke, und zwei zusammenklappbare Sackkarren ins Dingi verfrachten, und irgendwo an Land gehen. Dann latschen wir, unter Umständen über Stock und Stein, zum Laden. Dort wird eingekauft und alles möglichst schonend in die Seesäcke gepackt. Diese werden auf dem Sackkarren befestigt, und dann geht`s wieder zurück zum Dingi. Das Ein- und Ausladen der schweren Säcke ins und vom schaukelnden Dingi ist dann schon spannend. Bis jetzt haben wir aber noch nichts versenkt. Wenn wir mit ausgeliehenen Rädern fahren können, macht das Ganze gleich viel mehr Spaß. Hin und wieder müssen wir auch mit den Propangas-Flaschen für unseren Herd zum Auffüllen fahren. In Bimini stand hierfür ein LKW am Ende der Insel im Wald, und wir genossen den schönen Weg dorthin.
Schiffsbewegungen: Wenn möglich vermeiden wir natürlich das Segeln in schwerem Wetter, oder bei hohem Wellengang. Aber manchmal geht es leider nicht anders. Gottseidank bin ich so gut wie gar nicht, und Franz überhaupt nicht seekrank-anfällig. Dabei sind vor allem das Rollen des Schiffes (also die Bewegungen von links nach rechts) sehr unangenehm. Aton ist dank ihrer Trägheit nicht sehr anfällig dafür, aber wenn die Welle quer kommt, fängt auch sie damit an. Wenn wir in einer Bucht liegen, kommt es sehr selten vor, dass das Schiff wirklich ruhig liegt. Meistens gibt es ein mehr oder weniger intensives Schaukeln, je nach Welle, Strom, Wind und dem Schwell anderer, vorbei-fahrender Schiffe.
Müll: Wir sammeln den Müll und geben ihn an Land ab. Dies ist nicht billig (eine Tüte $ 6,80), aber die Bahamians haben ja keine Recycling-Anlage, weswegen das Meiste verbrannt wird.
Raumhöhe / Türen: Ich habe damit kein Problem, aber Franz muss durch unsere schmalen Türen immer im „Ägypter-Schritt“ gehen (also seitlich). Um bei einem Wassereinbruch ein Verteilen des Wassers zu verhindern, gibt es an jeder Türe eine hohe Schwelle, die schon so manchem Zehen im Weg war. Die größte Steh-Höhe gibt es im Salon und im Schlafzimmer. In den Bädern und im Gästezimmer ist die Höhe wegen der schrägen Decke schon sichtlich weniger. Wir kommen gut damit klar, aber für größere Leute heißt es „Kopf einziehen“ (Sorry, Michi und Reini).
One Reply to “Leben an Bord, Teil 1”
Das hört sich ja fast wie Zuhause an…? aber hier gibt’s so manche elektrische Annehmlichkeiten, die es uns Hausfrauen bzw. -Männer leichter macht. Aber ich denke die Umgebung macht alle Strapazen wieder weg, kein Wunder bei den Fotos!!! LG und bis bald!