Baie de Galion
Michi
Als unsere Obst- und Gemüsevorräte zu Ende gegangen waren, und auch unsere leeren Wassertanks mal wieder eine Auffüllung benötigten, beschlossen wir, eine Runde im Atlantik zu drehen, und in der nächsten, großen Bucht, Baie de Galion, zu ankern. Dort befindet sich der Supermarkt, in dem wir schon eingekauft hatten, als wir noch in der Baie La Trinite waren. Der Ankerplatz war jedoch sehr weit vom Supermarkt entfernt, und am nächsten Tag ging es dann mit dem Dinghi über die ganze Bucht. Wir konnten den Supermarkt vom Wasser aus nicht sehen, nur einen kleinen Strand, an dem wir, wegen der auflaufenden Brandung, mit Müh und Not anlanden konnten. Ich fragte zwei einheimische Frauen nach dem Supermarkt, und sie zeigten uns, sehr hilfsbereit, den Weg. Wir beschlossen, zuerst einzukaufen, und danach das Dinghi, das inzwischen sicher an einer Palme festgemacht und verschlossen war, zu holen, um einzuladen. Die Schlange am Supermarkt war ähnlich lang wie letztes Mal, und Franz ging derweil zur Tankstelle, um dort eine europäische Propangasflasche zu kaufen. Leider gibt es nämlich auf ATON nur ein amerikanisches Propangasflaschen-System (ähnlich wie es beim Landstrom war), und wir haben hier keine Möglichkeit, die Flaschen hier auffüllen zu lassen. Da wir damit rechnen, noch einige Wochen hier festzusitzen, müssen wir also Vorsorge treffen, wenn unsere Flaschen leer werden. Auch wollten wir viele Lebensmittel auf Vorrat kaufen. Man weiß ja nie.
Wir brauchten Stunden, bis wir endlich alle Einkäufe und Erledigungen gemacht hatten, und schleppten unsere Einkäufe und die 12 kg – Gasflasche zum Strand, der gottseidank direkt hinter dem Parkplatz des Supermarktes war. Franz ging am Strand zum Dinghi zurück, um es zu holen. Er schaffte es aber partout nicht, das Dinghi gegen die Brandung soweit ins Wasser zu schieben und zu paddeln (mit dem einen Paddel), bis er den Außenborder in Wasser klappen, und anmachen konnte. Immer wieder kam eine große Welle, und schmiss das Dinghi auf den Strand zurück. Als ich realisierte, dass es so nicht klappt, ließ ich unsere Einkäufe unbeaufsichtigt, und lief den Strand hinunter, um ihm zu helfen. Wir mussten das Dinghi zuerst einmal leer lenzen, weil es von den brechenden Wellen mittlerweile ziemlich vollgelaufen war. Dann half ich, es zügig ins Wasser zu schieben, und dieses Mal klappte es. Ich lief zurück, und Franz landete dort an, wo unsere Einkäufe standen. Wir beluden das Dinghi, und hatten anschließend kaum mehr Platz, wo wir selber sitzen konnten. Zu zweit klappte das Ablegen nun relativ gut. Wir schoben das Dinghi ins Wasser, ich hechtete rein, und begann sofort, zu paddeln. Franz schmiss derweil den Motor an, der auch brav ansprang. Nun ging es, natürlich wieder voll gegen den Wind und die Wellen zurück. Was soll ich sagen; als wir endlich da waren, stand das Salzwasser im Dinghi fast bis an den Rand. Die Wellen waren immer wieder ins Dinghi gebrochen. Wir hatten unterwegs sogar schon den Stöpsel gezogen, um das Wasser zu lenzen (also rausfließen zu lassen). Wir beide waren bis auf die Haut nass, und konnten unterwegs teilweise nur ahnen, wo es ungefähr hingeht, weil die Salzgischt ständig ins Gesicht und in die Augen gesprüht war. Unsere Einkaufstaschen standen alle im Salzwasser, und wir befürchteten schon das Schlimmste. Als wir alles sicher auf ATON umgeladen hatten, begannen wir, auszupacken. Wir hatten Glück, und konnten das Meiste mit Süßwasser abwaschen. Nur einige Eier waren bei dem Gewackel kaputt gegangen, und das ein- oder andere war voll Salzwasser gelaufen. „Das war definitiv die erste und letzte Einkaufstour, die wir hier gemacht haben.“, nahmen wir uns beide vor.
Am nächsten Tag verlegten wir ATON um die Ecke, in die kleinere Baie de Petit Galion. Diese Bucht war fast rundum geschlossen, und das Wasser darum so ruhig wie in einem See. Wir waren von bewaldeten Hügeln eingeschlossen, die hier und da einige Häuser zeigten. Auf unserer Karte sahen wir, dass es einen Wanderweg gibt, den wir natürlich erkunden wollten. Da es keinen öffentlichen Steg gab, fragten wir eine ältere Frau, ob wir an ihrem festmachen dürfen. In einem französischen Redeschwall, der gar nicht mehr aufhören wollte (obwohl ich ihr gleich sagte, dass mein Französisch nicht sehr gut ist), gab sie uns zu verstehen, dass es in Ordnung ist. Wir liefen durch ihr Grundstück und suchten unseren Weg anhand unserer Karte. Dieser führte uns zuerst durch abgeerntete Zuckerrohrfelder, und danach durch einen großen Laubwald. Nachdem wir unseren Rundweg beendet hatten, kehrten wir, glücklich über die schöne Wanderung, müde und hungrig wieder auf unser schwimmendes Zuhause zurück. Franz zauberte uns ein leckeres Nudelgericht mit einer Tomatensoße mit Thunfisch und Kapern, und wir genossen den Abend mit Blick auf einen perfekten Vollmond, der sich im glatten Wasser spiegelte.
Da wir beim Ankern hier bemerkt hatten, dass etwas mit der Ankerwinsch nicht stimmt, nimmt sich Franz diese am nächsten Tag vor. Er baut sie aus, hebt sie mit Hilfe des Großfalls (eine Leine, die von der Mastspitze kommt) und einer Winsch heraus, und baut sie auseinander. Die Ursache (lockere und fehlende Schrauben) ist schnell gefunden und gehoben. Nurn baut er alles wieder zusammen, und versucht die Winsch wieder einzubauen. Dies ist ein sehr schwieriges Unterfangen. Er muss in den engen Ankerkasten klettern, um zu versuchen, die Winsch so hinzudrehen, dass die Schraubenlöcher übereinstimmen. Da dies aber weder zu sehen, noch zu fühlen ist, höre ich ihn fluchen und schimpfen. Nach mehr als drei Stunden hat er es dann geschafft. Erledigt und sichtlich erleichtert nehmen wir zur Belohnung ein Bad im karibisch-tropisch-warmen Meer.
Einige Tage später finde ich eine große Beilagscheibe im Cockpit. „Was ist denn das?“, frage ich Franz. Er sieht es an und seine Gesichtszüge entgleisen ihm auf der Stelle. „Das gibt`s doch nicht!“, schimpft er. „Bin ich ein Trottel! Ich hab mich schon gewundert, warum sich die Ankerwinsch immer noch so schwer tut. Das hab ich wohl beim Zusammenbauen vergessen.“. Tja, da haben wir uns wohl zu früh über den Haken hinter der Ankerwinsch gefreut. Bei nächster Gelegenheit muss die ganze Arbeit wieder von vorne gemacht werden.