Zwei Wochen Martinique und Dominica mit Nook
Michi
Nach meiner Rückkehr aus Deutschland freue ich mich, meine alte Schulfreundin Caroline, Nook genannt, die seit der Schulzeit in Neuseeland wohnt, auf Aton zu begrüßen. Sie hat einen monster-langen Flug mit Übernachtung in Chicago hinter sich, und ist einfach froh, endlich an Bord zu sein. Wir machen noch verschiedene Besorgungen und verbringen einen schönen Nachmittag zu zweit am Strand von Les Salines, im Süden Martiniques. Nach einigen Tagen verlassen wir die Marina und segeln in den Norden Martiniques, in die Bucht von St. Pierre. Auf dem Weg bekommen wir Besuch von einigen Delphinen, die eine zeitlang unseren Bug begleiten.
Zusammen mit Wendy und John schauen wir uns den malerischen Ort an, der am Fuß des Vulkanes Mount Pelee liegt. Viele Plantagen bestückten die Handelsschiffe in der Vergangenheit mit Rum, Zucker, Kaffee und Cacao. Im Mai 1902 wurde die Stadt, die damals das kulturelle, wirtschaftliche und soziale Zentrum Martiniques war, und als Paris der Karibik bekannt war, vom Vulkan verschluckt. Ein gigantischer Ausbruch erstickte die Stadt in Asche. Wir besuchen die Ruinen des Amphitheaters und des angrenzenden Gefängnisses, in dem ein einziger Insasse, aufgrund der Mauerdicke seiner winzigen Gefängniszelle, in die man nur gebückt hineinkommt, den Vulkanausbruch überlebt hatte.
Die nächste Station ist Dominica, das wir nach einem wunderschönen Segeltag im Süden, in Rouseau, erreichen. Hier ankert ein mächtiges Kreuzfahrtschiff, und dementsprechend belebt ist die Altstadt mit all ihren Kneipen, Geschäften und Souvenirshops. Wir spazieren durch den sehenswerten botanischen Garten auf einen Aussichtspunkt und erkunden die Altstadtgassen.
Franz zieht mit unseren Propangasflaschen los, um diese auffüllen zu lassen. Er fragt an einen Marktstand, wo er hingehen muss, und der freundliche Händler nimmt ihn kurzerhand mit bis zur Bushaltestelle. Er bespricht mit dem Fahrer des MaxiTaxis kurz, wo dieser Franz absetzen soll, und los geht’s. Nach einigen Windungen den Berg hoch schickt der Fahrer Franz zu einer Firma, die Gasflaschen auffüllt. Dort werden die beiden Flaschen für 10 EC (das sind ca. 3 Euro!) aufgefüllt. Als Franz auf dem Rückweg wieder auf das MaxiTaxi wartet, hält ein Pickup, und der einheimische Fahrer frägt, wohin er will. Er sagt „Ich muss zum Hafen zurück“, worauf er als Antwort bekommt: „Dann spring auf, ich nehm Dich mit.“. Soviel zur Freundlichkeit der Dominicaner, die uns permanent positiv auffällt. Jeder auf der Straße grüßt freundlich, jeder ist hilfsbereit und nett. Und das, obwohl Dominica sehr stark von Hurrikans getroffen und zerstört wurde, und die Bewohner allesamt eher arm als reich sind.
Wir segeln in den Norden Dominicas, in die Price Rupert Bay. Hier unternimmt Nook mit einem Touristen-Führer eine Tour in den Indian River, einem Mangroven National Park. Dort paddelt man unter überhängenden Mangroven und beobachtet Vögel, Krabben und allerlei Getier.
Wir beschließen, uns einfach in ein MaxiTaxi zu setzen, und so ein bisschen den Norden der Insel zu erkunden. Unser Fahrer, Daniel, bringt uns an den nördlichsten Punkt. Da mittlerweile alle anderen Fahrgäste ausgestiegen sind, nimmt er sich die Zeit, uns einen Aussichtspunkt zu zeigen. Er fordert uns auf, einen sehr gastfreundlichen Weißen namens Marco zu besuchen (Daniel und Marco, wie unsere Söhne!), der am Hügel hinter uns ein außergewöhnliches Haus gebaut hat. Wir spazieren ein bisschen herum, und erklimmen den Hügel zu Marco`s Haus, das mit seinem Turm wie ein Märchenhaus aussieht.
Leider ist niemand zuhause, und wir fahren mit dem nächsten MaxiTaxi auf die Ostseite der Insel. In Calibishe steigen wir aus und freuen uns an den quietschbunten, karibischen Häusern.
Wir spazieren durch den Ort und essen in einem Restaurant. Typisch karibisch sind die Zutaten Makaroniauflauf, Kochbananen, Reis und Casava (eine Wurzel, ähnlich der Kartoffel). Dazu kann man unter Chicken, Fisch und Rindfleisch wählen. Auf dem Rückweg ist das ganze MaxiTaxi bereits mit Schulkindern gefüllt, aber der Fahrer fordert unsere Gruppe (5 Leute) auf, trotzdem einzusteigen. Er gibt Anweisungen an die Kinder, und diese quetschen sich zusammen, bis wir alle reinpassen. Erst werden wir mit großen, dunklen Augen bestaunt, es wird geflüstert und gekichert, aber schon bald geben die Kinder sich ganz natürlich. Es geht zu, wie in jedem deutschen Schulbus auch, und die Kinder singen, lachen, streiten und spielen während der Fahrt. An diversen Haltestellen steigen Kinder aus, und der Fahrer wartet, bis diese von den Eltern abgeholt und weiterbefördert werden.
Nook lässt es sich nicht nehmen, uns zum Segler-Barbeque einzuladen; eine Veranstaltung für alle in der Bucht liegenden Crews, wo es ein leckeres Grill-Buffet gibt. Nach dem Essen werden die Tische weggeräumt und ein DJ legt Partymusik auf. Wir tanzen bis spät in die Nacht, zusammen, alleine, mit anderen Seglern und mit Einheimischen. Das tut mal wieder so richtig gut.
Die Tage vergehen im Flug, und wir müssen die Rückreise nach Martinique antreten, wo Nook`s Flieger geht. Zurück in Roseau vergisst Franz beim Rückwährtsfahren fürs Ankermanöver, dass die Angelschnur noch hinter dem Schiff hängt, die wir meistens hinterherschleppen. Zu spät. Unser kräftiger Propeller hat sie eingesaugt und blockiert nun. Franz versucht, unter das Schiff zu tauchen und die Schnur abzuschneiden, aber er schafft es nicht, sich lange genug unten zu halten, und schneidet sich den Arm an den messerscharfen Muscheln, die unseren Rumpf bevölkern, auf. Wir verarzten die blutenden Schnittwunden und ich rufe per Funk um Hilfe eines Tauchers. Es meldet sich auch jemand, und ich beschreibe unsere Situation und unsere Position. Als wir auf den Taucher warten, kommt die Küstenwache vorbei, die ebenfalls unseren Hilferuf gehört haben. Sie sind sehr nett und fragen, wie sie helfen können. Sie heißen uns in Dominica willkommen, und versprechen, nachdem sie ihren Job beim Kreuzfahrtschiff erledigt haben, zurück zu kommen, und nach uns zu sehen. Ist das nicht nett?! Etwas später kommt ein Boot mit drei Männern. Einer davon taucht unters Schiff, und schneidet den Propeller wieder frei. Auch sie sind sehr nett und verlangen einen fairen Preis. Kurz darauf kommt tatsächlich die Küstenwache wieder, und vergewissert sich, ob nun alles in Ordnung ist.
Am nächsten Tag geht es zurück nach Martinique, wo wir in Anse Mitan ankern. Hier gibt es ein, zwar für Touristen neu gebautes Dorf, das aber sehr authentisch im karibischen Stil mit vielen kleinen Ferienhäusern, Läden, Cafes und Kneipen daherkommt. Es lädt zum Bummeln ein, und auch am langen Sandstrand reiht sich eine Bar an die andere, und die Touristen genießen jeden Tag das karibische Flair und den wunderschönen Sonnenuntergang.
Zum ersten Mal realisieren wir hier, dass der Rückflug Nook`s auf sehr wackligen Füßen steht, weil auf einmal die ganze Welt sich vor Corona schützen muss. Nach bangen Stunden und Telefonaten mit dem Flughafen, der Fluggesellschaft und Nook`s Reisebüro in Neuseeland ist endlich grünes Licht gegeben. Es ist so gut wie sicher, dass sie von Martinique über Miami und Chicago, wo sie wieder übernachten muss, nach Neuseeland kommt. Dort muss sie zwar für 14 Tage in häusliche Quarantäne, aber immerhin ist sie noch, von Frankreich kommend (denn Martinique zählt auch zum Mutterland) nach USA rein- und wieder rausgekommen. Schon Tage später wäre das nicht mehr gegangen.