Monat: Juni 2020

Aton bewährt sich, Teil 1

Aton bewährt sich, Teil 1

Michi
Nachdem wir den Corona-Test erfolgreich, also negativ, bestanden haben, lichteten wir am 11.06. morgens um 6.00 Uhr den Anker. Sao ist extra früh aufgestanden, um uns nachzuwinken.

Unser Konvoi bestand aus dem Mutterschiff, einem 38 Fuß-Katamaran, einem weiteren Katamaran und vier Mono-Hulls, also Einrümpfer wie wir. Davon war eine Bavaria mit 34 Fuß die kleinste, die anderen beiden, eine Amel und eine Ketch (also ein Zweimaster) so lang, beziehungsweise etwas länger als wir. Geplant war ein erster Treffpunkt im Süden von St. Lucia, wo auf den langsamsten gewartet werden sollte. Danach ein weiterer Treffpunkt im Süden von St. Vincent. Bei beiden Treffpunkten war es aber streng verboten, den Anker zu setzen, da wir ja die Inseln nicht offiziell besuchen durften. Also solange driften, bis alle da sind. Schon bei der Ausfahrt aus Martinique und den ersten Meilen Richtung St. Lucia stellte sich heraus, dass Dominique mit seiner Bavaria sehr schnell dem Rest des Konvois nicht folgen konnte. Wir hatten einen schönen halben Segel-Wind und refften teilweise die Genua, um beim Konvoi zu bleiben. Gegen Mittag waren wir in St. Lucia, wo wir auf Dominique warteten, der jedoch weit und breit nicht zu sehen war. Sehr weit und sehr breit. Mat, der Chef des Konvois und Skipper des Mutterschiffs, beschloss nach knapp einer Stunde, dass wir drei Mono-Hulls voraus fahren sollten nach St. Vincent. Sein und der zweite Katamaran wollten auf Dominique warten und dann nachkommen, da ein Katamaran von Haus aus schneller ist, als ein Mono Hull. Hier seht ihr uns drei vor den berühmten beiden Pitons in St. Lucia.

Kaum waren wir im Kanal zwischen St. Lucia und St. Vincent gab natürlich jeder der drei Skipper alles, um zu zeigen, was sein Schiff kann. „It`s not a race!“ bläute uns zwar Mat vorher ein, aber das interessierte jetzt keinen mehr. Und ratet mal, wer die anderen sowas von abgehängt hat? ATON segelte auf und davon und die anderen beiden rätselten später, warum. Sie dachten, wie viele vorher auch schon, unser Schiff sei relativ neu, weil es so gut aussieht. Das geht mir jedes Mal runter wie Butter, es zeigt mir, dass sich doch die Plackerei für das Refit in Trinidad wirklich gelohnt hat.

Mit geblähten Segeln rauschte Aton mit 7-9 Knoten Fahrt Richtung Süden, unserem Ziel entgegen. Da alle Mono Hulls AIS (Automatisches Identifikationssystem – dient der Kollisionsverhütung) an Bord hatten, konnten wir unsere Position stets auf dem Plotter verfolgen. In den Tagen zuvor herrschte wenig Wind, weshalb wir auch kaum Welle, also perfekte Segelbedingungen. Von Minute zu Minute vergrößerte sich unser Abstand zum restlichen Konvoi, was wir mit einem breiten Grinsen im Gesicht quittierten. Bei beginnender Dunkelheit zeigten sich plötzlich dunkle Regenwolken über St. Vincent. „Geh mal runter und hol unsere Regenjacken, dann reffen wir vorsichtshalber.“, schickte mich Franz nach unten. Ich ging auch noch schnell auf die Toilette, da ich dies bei schwerem Wetter, bzw. Seegang und mit Regensachen vermeiden wollte. Währenddessen verkleinerte Franz die Segelfläche der Genua ins erste Reff. Die dann folgenden Ereignisse schildert am besten Franz, der in diesem Moment Rudergänger war.

Franz
In tropischen Gewässern ändern sich Wetterbedingungen unglaublich schnell. Die gerade noch weit weg erscheinenden Regenwolken formierten sich immens schnell zu bedrohlichen Wolkentürmen. Der zuvor gleichmäßige Passat änderte sich binnen weniger Minuten in starke und unregelmäßige Windböen. „Michi, schnell, komm rauf. Wir müssen reffen. JETZT.“, rief ich nach unten. „Gleich, ich bin grad auf der Toilette.“, kam es zurück. Als sie nach einer endlos erscheinenden Zeit nach oben kam, hatte uns die Okklusionsfront bereits erreicht. „Geh Du ans Ruder, ich reffe das Großsegel.“. Ich bewaffnete mich mit der Winschkurbel und dem Reffband, pickte mich in die Sicherheitsleine ein und ging zum Mast. Dort angekommen, startete Michi den Motor und stellte das Schiff in den Wind, damit der Winddruck aus dem Großsegel genommen wird. Gerade in dem Moment, als ich das Großfall lösen wollte, um die Segelfläche zu verkleinern, schlugen vehement die Genuaschoten (also die seitlichen Führungsleinen des Vorsegels) nach mir. „Das kannst Du vergessen. Wir müssen erst die Genua bergen.“, rief ich Michi durch das Heulen des Windes entgegen und kletterte wieder ins Cockpit. Was ich dort sah, ließ mir das Blut in den Adern stocken. Hinter Michi baumelten beide Achterstagen haltlos hin und her. Mit einem Ruck drehte ich mich um und blickte nach vorn. Dort sah ich die obere Halterung unseres Vorsegels wild umherbaumeln. Außerdem sah ich unseren Mast gefährlich vor und zurück schwenken. „Um Gottes Willen. Unser Vorstag ist gebrochen!!!“

Fortsetzung folgt

Ein fataler Fehler

Ein fataler Fehler

Michi
Endlich wieder segeln. Es ist so schön und auch ATON hat merklich ihren Spaß daran. Auf einem schönen Halbwind-Kurs geht es Richtung Süden und ATON gibt alles. Wie ein Pfeil schneidet sie durch die Atlantik-Wellen und beschert uns viele Stunden Segel-Spaß pur. Wir sind uns wieder einmal einig, dass wir ein gutes Schiff haben, und unsere Entscheidung für diese Reise genau die richtige war. Wir segeln zur Loup Garou, einer winzigen Sandinsel, auf der nur einige Palmen stehen, und die derzeit wegen der Eiablage von Schildkröten gesperrt ist.

Der Lockdown in Martinique, wo wir fast 6 Monate verbracht haben, war alles andere als unangenehm. Wir haben die wunderschöne und unter Seglern unberechtigterweise gemiedene Ostseite erkundet und supernette und hilfsbereite Menschen kennengelernt. Außerdem konnten wir, dank der Tatsache, dass wohl die gesamte Polizei in der von hunderten Schiffen bevölkerten Buchten von Le Marin und Saint Anne beschäftigt war, die Regeln durchzusetzen, immer mal wieder wandern gehen, schwimmen und uns zeitweise mit dem Schiff bewegen. Ich nutzte jede Gelegenheit, um mich irgendwie zu bewegen. Netterweise durfte ich mir von unseren Nachbarn ein Kajak und ein SUP ausleihen und Ralf gab mir sogar einen Kurzkurs auf seinem Surfboard.

In Le Marin mieten wir uns für drei Tage ein Auto und verbringen den ersten Tag in sämtlichen Schiffszubehör-Läden, Yamaha-Dealern und Bauhäusern, die wir finden. Wir bekommen fast alles und unternehmen am zweiten Tag eine schöne Wanderung zusammen mit Akis, einem Griechen und Sao, einer wunderhübschen Afrikanerin aus Bisao Guinnea, die wir schon in Trinidad getroffen haben. Am dritten Tag fahren wir nach Norden und gehen zusammen mit den beiden den atemberaubenden Sklaven-Trail noch einmal. Auf dem Heimweg passieren wir einen kleinen Wasserfall, von dem aus ein Pfad in den Regenwald führt. Neugierig, wie wir sind, erkunden wir diesen und laufen in einem zauberhaften, fast magisch anmutenden Wald bis zu einer Stelle an einem Bach.

Ringsum hängen Lianen, Borrelien, Orchideen und dicke Flechten von den Bäumen, die Farne und Blätter glitzern von den Wassertropfen des Regens, der gerade erst aufgehört hat, und die Steine im Bach schimmern rötlich durch das glasklare, frische Wasser. Und als sich dann für einige Minuten auch noch die Sonne durch die Regenwolken kämpft, und ihr Licht in glitzernden Bahnen durch das dichte Blätterdach leuchtet, kommen wir uns vor wie mitten in einer Szene von Herr der Ringe, oder Avatar.

Nach diesem wunderschönen Erlebnis ist wieder Arbeit angesagt, und wir verbringen die nächsten Tage in den Tiefen der Fächer, Schaps und des Motorraums von ATON.

Wir haben in Benoire von Sebastien einen gebrauchten, aber sehr gut erhaltenen Außenborder für unser Dinghi gekauft. Franz hat nun endgültig die Nase voll, den alten auf unseren Ausflügen immer wieder auf den schaukelnden Wellen auseinander zu nehmen und zu reinigen. Und ich weigere mich ja sowieso schon länger, alleine mit dem Dinghi zu fahren. Der neue Yamaha bekommt einen Service verpasst, und erfreut uns nun jedes Mal mit seinem unaufgeregten Schnurren und dem zuverlässigen Startverhalten.

Wir verlegen uns in die Nachbarbucht Saint Anne, wo wir direkt neben Barbara und Ralf, einem schweizer Pärchen liegen, die wir in Benoire getroffen haben. Barbara schwimmt genauso gerne wie ich und wir sind dort schon jeden Tag eine Stunde unterwegs gewesen. Auch hier gehen wir, bewappnet mit einer Schwimmboje, die sie hinterherzieht, um nicht von einem Dinghi oder Schiff überfahren zu werden, jeden Tag eine Stunde schwimmen. Ich kann ihr einige Tipps bezüglich der Kraul-Technik geben, und so klappt es ganz gut. Sie mit Flossen und schnell, ich ohne Flossen und langsam. Ralf revanchiert sich mit einem Kurz-Surf-Kurs mit seinem Fortgeschrittenen-Surf-Board bei mir und wir verbringen schöne Abende auf ihrem fast nagelneuen Katamaran. Wieder einmal realisieren wir, dass, egal wie alt und wie teuer ein Schiff ist, wirklich jeder mit einer ellenlangen to-do-Liste unterwegs ist, die irgendwie nie weniger wird.

Ach ja, der fatale Fehler. Er bestand darin, dass wir eigentlich vorhatten, nach unserem „Aton am Haken“ – Abenteuer, das komplette Rigg, also den Mast mit all seinen Aufbauten, Stagen und Wanten, einmal kontrollieren zu lassen. Wir nahmen in der Willi-Bay Kontakt mit einer Rigg-Firma in Le Marin auf und beschlossen, dies anzugreifen, wenn wir in Le Marin sind. Aber irgendwie haben wir das dann ganz aus den Augen verloren und vergessen. Damit hätten wir uns viel Ärger und eine sehr gefährliche Situation erspart, die wir schon bald darauf erlebt haben.

Guter Rat ist teuer

Guter Rat ist teuer

Michi

Inzwischen sind wir nun bereits mehrere Wochen in der Baie du Francoise. Unsere Schiffsnachbarn sind Willi, ein Einheimischer, der mit Veronique, einer Elsässerin, auf einem Katamaran wohnt. Weil er dort seine Wohnung auf dem Wasser hat, nennt er die kleine Bucht „Willi-Bay“. Dann sind da noch unsere alten Bekannten Stefan und Catherine. Das junge, kanadische Paar haben wir bereits vor über einem Jahr in den Turks and Caicos Inseln kennengelernt und heuer in St. Vincent wieder getroffen. Es ist eine nette und sehr hilfsbereite Nachbarschaft. Willi kennt natürlich hier alles und jeden und organisiert uns einen Kastenwagen, mit dem er uns und unsere Segel nach Le Marin zur Segelmacher-Firma bringen kann. Wegen Corona war die Segelwerkstatt geschlossen und wir müssen damit warten, bis Martinique am 11.06. das Öffnen einzelner Läden wieder erlaubt. In der Bucht gegenüber liegen außerdem noch Joscha und Niklas mit ihrer Bavaria „Sailing Naked“. Die beiden jungen Hamburger sind von Deutschland aus über Island und Grönland bis in die Bahamas und Karibik gesegelt. Während eines Abendessens auf Aton erzählen sie uns die spannendsten Geschichten ihrer Reise und die Zeit vergeht wie im Flug.

Während wir auf die Segel warten, fahren wir auch einige Male zwischen die beiden kleinen, vorgelagerten Inseln Ilet Oscar und Ilet Thierry, Benoire genannt. Am Ankerplatz hier, der nur bei Flut durch eine schmale Einfahrt erreicht werden kann, ist das Wasser nur zwei bis drei Meter tief. Wegen des Sandgrundes hat es eine leuchtend türkise Farbe. Beim Schwimmen komme ich mir vor wie in einem riesigen Pool, nur dass ich keine Fliesen zählen, sondern Seegurken, Conches, Seesterne und Fische bewundern kann. Allerdings herrscht auch eine starke Strömung und ich muss gut aufpassen.

Hier seht ihr im Vordergrund die Masten in der Willi Bay (rechts sieht man gerade noch unsere Mastspitze) und im Hintergrund die Benoire.

Ich entschließe mich, das klare Wasser zu nutzen, und Aton mal wieder eine gründliche Bauchreinigung zu gönnen. Mit meiner Taucherbrille, einem Metallspatel und einem Saugnapf, an dem ich mich am Schiff wegen der Strömung festhalten kann, geht es auf Tauchstation. Man glaubt gar nicht, was sich in kürzester Zeit alles an einem Schiffsrumpf festhält. Wir fahren ein eigenes, kleines Riff mit. Eine mitteldicke Schicht Algen und winzige Shrimps, die darin wohnen, viele kleine Muscheln und Seepocken und auch etliche größere Muscheln bevölkern Aton`s Bauch. Immer wieder tauche ich runter und kratze das mit der Spatel ab. Ein ganzer Fischschwarm wartet auf die weggekratzten Leckerbissen, die die Strömung in ihre Richtung treibt. Ich arbeite an zwei Tagen gut 5 Stunden bis alles wieder einigermaßen sauber ist. Vor allem auch unsere Antriebswelle ist nun soweit gesäubert, dass man die fehlende Anode dort wieder anbringen kann, was uns Stefan netterweise abnimmt.

Mit dem Kastenwagen der Kite-Schule von Sebastien, den sich Willi ausleiht, können wir nach Le Marin fahren, um die Segel abzugeben. Dort wartet auch die Anode auf uns, die uns zwischenzeitlich ein anderes deutsches Seglerpärchen besorgt hat, die in Le Marin auf ihre Atlantiküberquerung zurück nach Deutschland warten. Sie haben sich mit noch einem deutschen Paar zusammengetan, deren Schiff huckepack mit einem speziellen Yacht-Transport-Frachter nach Europa gebracht wird. Die nicht unerheblichen Kosten wurden geteilt und zu viert segeln sie nun die ITHAKA über den Atlantik. Da sowohl Bermuda, als auch die Azoren und Kanaren die Grenzen geschlossen haben, ist dies im Moment des Abfahrens ein spannendes Unterfangen. Man muss damit rechnen, ohne Zwischenstopp bis nach Deutschland durchsegeln zu müssen, was mit einer erheblichen Ausweitung der Lebensmittel- und Diesel-Bevorratung einhergeht. Nach langen Diskussionen beschließen wir, dass das aus verschiedenen Gründen für uns momentan keine Option ist. Wir würden immer noch am liebsten nach Trinidad gehen, aber dort sieht es nicht so aus, als würde man in naher Zukunft einreisen, und erst recht nicht ausreisen können. Auch Luperon, ein Hurrikan-Whole in der dominikanischen Republik, wo Freunde von uns sind, ziehen wir in Betracht. Aber auch dort hätten wir momentan das gleiche Problem wie in Trinidad. Unsere Freunde, ein Niederländer und eine Kasachin, versuchen vergebens aus der Dom. Rep. einen Flug zu organisieren und segeln letztendlich als Crew auf einem Katamaran nach Europa zurück. Dann wären da noch die ABC-Inseln Aruba, Bonaire und Curacao, die südwestlich der Karibik außerhalb des Hurrikan-Gürtels liegen. Da es sich um niederländische Kolonien handelt, gibt es ab Juli Flüge nach Amsterdam. Aber da es wenige Marinas gibt, sind die Liegeplätze an Land teuer und es gibt kaum Bojen, wo man das Schiff sicher für längere Zeit liegen lassen kann. In Curacao muss man außerdem nach der Einreise für 14 Tage und 150 USD pro Person und Tag in ein Hotel in Quarantäne. Kommt also auch nicht in Frage. Es ist relativ einfach für Europäer aus Martinique nach Paris zu fliegen, denn das ist ja ein Inlands-Flug. Aber das würde auch heißen, das Schiff im Hurrikan-Gebiet zu lassen, was wir definitiv nicht unbeaufsichtigt machen. Wir überlegen, ob ich zurückfliege, und Franz auf ATON bleibt, um einem ggfs. herankommendem Hurrikan davon zu segeln. Das machen tatsächlich viele Segler, da man einige Tage Zeit hat, bis der Hurrikan kommt, um nach Süden auszuweichen. Wir überlegen hin und her und warten Woche um Woche, ob es irgendwelche Lockerungen der Einreisestopps in den südlichen Inseln gibt, oder ob die Flüge wieder gestartet werden. Kaum haben wir uns für eine Destination entschlossen, hören wir am nächsten Tag wieder irgendwelche Neuigkeiten und ändern unseren Plan wieder. Die Ungewissheit zermürbt uns und die Gedanken kreisen immer wieder um dieses Thema.

Endlich hören wir, dass man nun in Grenada einreisen darf, wenn man dort auf dem Schiff für 14 Tage in einem genau ausgewiesenen Gebiet in Quarantäne geht. Dort rollt das Schiff zwar ständig, weil es keine richtige Bucht ist, aber man wäre immerhin im relativ hurrikan-sicheren Süden. Dann bleibt aber immer noch das Problem, dass keiner weiß, ob und wann es von dort möglich ist, auszufliegen. Wir melden uns vorsichtshalber mal an, und bekommen ein Zeitfenster vom 24. Bis 25. Juni mitgeteilt, wo wir kommen dürfen (es dürfen immer nur eine bestimmte Anzahl von Schiffen pro Woche kommen). Wir überlegen, ob ich aus Martinique zurückfliege und Franz alleine nach Grenada geht, und dort auf Flüge wartet. All unsere Pläne sind nicht wirklich optimal und wir überlegen und diskutieren endlos. Eines Tages hören wir aber dann plötzlich vom Plan Carriacou`s, Schiffe aus Martinique mit einem kontrollierten Konvoi aus maximal 6 Schiffen mit einem Begleitschiff einreisen zu lassen. Man muss vorher einen Coronatest machen und hat in Carriacou 10 Stunden Zeit, das Schiff aus dem Wasser zu holen, und für die Lagerung vorzubereiten. Dann geht es mit dem Begleitschiff am gleichen Tag wieder nach Martinique zurück. Das ist beinahe perfekt für uns, denn Carriacou ist zwar offiziell noch im Hurrikan-Gürtel, liegt aber nördlich von Grenada und somit relativ weit im Süden. Außerdem können wir ohne Weiteres von Martinique aus nach Europa fliegen. Wir melden uns gleich mal in der Marina in Carriacou an und buchen einen Flug am 16. Juni. Jetzt haben wir endlich einen Plan und sind unendlich erleichtert.

Nachdem wir unsere Segel wieder abgeholt und montiert haben, sind die Tage (eigentlich waren es Wochen) in Willi-Bay gezählt, da wir nach Le Marin aufbrechen müssen. Dort haben wir noch einiges zu erledigen und der Konvoi wird vom benachbarten Saint Anne starten. Wir verabschieden uns von Willi und Veronique, Stefan und Catherine sind ebenfalls nach Le Marin gesegelt, um dort Ersatzteile zu besorgen. Ein letztes Mal übernachten wir noch in der paradiesich-karibischen Benoire und setzen dann unsere Segel, neuen Abenteuern entgegen.

Lock down im Paradies

Lock down im Paradies

Franz

Puh, das war wirklich knapp. Vollkommen erledigt saßen wir in unserem Cockpit und erholten uns langsam von unserer strapaziösen und nervenzehrenden Fahrt. Wir hatten den Anker hinter einer kleinen Insel in der Bucht von Le Francoise fallen gelassen. Nun leckten wir erst mal unsere Wunden und reflektierten, was passiert war. Trotz der Schäden an unserem Schiff hatten wir eindeutig sehr viel Glück. Wir waren am Leben und außerdem in Sicherheit. Wenn bei diesen waghalsigen Manövern einer von uns über Bord gegangen wäre, nicht auszudenken.

Dennoch hatten wir nun zwei Probleme zu lösen. Zum einen musste schnellstens das Seil, welches sich um unseren Antriebspropeller gewickelt hatte, entfernt und der gesamte Antriebsstrang auf Schäden geprüft werden. Zum anderen musste das Hauptsegel repariert und unser Rigg auf Schäden geprüft werden. Hierbei hatten wir das Problem, dass durch bestehende Ausgangsbeschränkung bezüglich der Corona-Epedemie, die Handwerksbetriebe geschlossen hatten.

Da sich unsere Antriebsschraube in circa einem Meter Tiefe befindet und die Leine sich erheblich vertörnt hatte, kam aufgrund meines geringem Lungenvolumens schnorcheln nicht in Frage. Da aber in unserer unmittelbaren Nähe die „Cohort“ ankerte und ich wusste, dass deren Besitzer Stefan und Kathrin begeisterte Taucher sind, hegte ich die Hoffnung, von den beiden Hilfe zu bekommen. Wir hatten das nette Pärchen bereits letztes Jahr in den Turks kennen gelernt. Und während Michi und ich gerade überlegten, ob wir mit dem Dinghi zu ihnen fahren sollten, sahen wir die beiden in Gleitfahrt in ihrem Beiboot auf uns zukommen. Nachdem wir uns herzlich begrüßt hatten, wanderte Stefans Blick auf unser, in Fetzen aus unserem Lazy-Bag heraushängenden, Hauptsegel. „Was ist denn euch passiert?“, fragte er uns. Wir erzählten den beiden unser Erlebnis. Nachdem wir geendet hatten, sahen uns die beiden mit großen Augen an. „Da habt ihr aber riesiges Glück gehabt“, sagte Stefan. „Soll ich mir die Sache mit der Leine im Propeller einmal anschauen?“, fragte er. „Das wäre wirklich toll von dir.“, entgegnete ich und konnte meine Erleichterung kaum verbergen. „Wir bringen nur schnell unsere Einkäufe auf unser Schiff und verstauen sie. Ich bin in 10 Minuten wieder da“. Und schon brausten sie zu ihrer „Cohort“. Kurze Zeit später hatte Stefan die Leine herausgewickelt und uns übergeben. „Soweit ich sehen kann, ist alles in Ordnung. Einzig eure Anode an der Hauptwelle ist lose. Die solltet ihr schleunigst erneuern“, sagte uns Stefan. Wir tranken noch gemeinsam ein Bier und wir luden die beiden für einen der kommenden Abende zum Dank zum Essen ein.

Da Martinique in den folgenden Tagen die Restriktionen wegen Corona mehr und mehr erweiterte, war es offiziell nicht mehr möglich, sich an Land oder mit dem Schiff im Wasser zu bewegen. Wir saßen in unserer Ankerbucht fest und wurden einige Male von einem Militär-Hubschrauber registriert. Da jedoch das Gros aller Segler in der im Westen Martinique`s gelegenen Bucht Le Marin lag, hatte die Küstenwache dort alle Hände voll zu tun, um die Regeln zu überwachen.

Weil die Ostseite, auf der wir uns befanden, dem Atlantik zugewandt ist, kursiert die Meinung unter den Seglern, dass dort die Atlantikwellen für steten Schwell sorgen und in den Ankerbuchten somit mit ständigem Rollen des Schiffes zu rechnen ist. In Wahrheit wurden die Atlantikwellen allesamt durch die auf der ganzen Ostseite vorgelagerten Riffe gebrochen, und die Ankerplätze sind ungewöhnlich ruhig. Außerdem waren extrem wenige Schiffe unterwegs, weswegen die Überwachung durch die Küstenwache auch sehr lax war. Somit hatten wir alles richtig gemacht.