Grenada
Michi
Nach einer, wieder einmal sehr schönen, Nachtseglerei kommen wir morgens in Grenada an. Da wir wissen, dass unsere südafrikanischen Freunde, Wendy und John, in der Prickly Bay ankern, entschließen wir uns, sie dort zu besuchen. Wir finden sie auch schon bald inmitten unzähliger anderer Jachten, und die beiden kommen gleich mit dem Dinghi rüber. Wendy steckt mir einen Geldschein der hiesigen Währung zu, da sie weiß, dass wir Bargeld zum Einklarieren brauchen, und vorher keinen Bankautomaten beanspruchen können, weil keiner in der Nähe ist. So sind Segler, helfen, wo sie nur können.
Am nächsten Morgen unterstützen wir unsere Freunde, und viele weitere Südafrikaner, als ihre Rugby-Mannschaft gegen England im Weltmeisterschafts-Finale steht. Die Südafrikaner gewinnen, und dementsprechend ist die Stimmung. John hisst eine riesige Südafrika-, eine Springbock- und eine Stammes-Flagge auf seinem Mast. Da es das erste Mal überhaupt ist, dass die Mannschaft einen schwarzen Kapitän hat (der übrigens aus derselben Stadt wie John und Wendy, nämlich Port Elizabeth kommt), erhoffen sie sich, dass dieser Sieg, ähnlich wie bei der Fußball-WM in Deutschland, das Land zusammenrücken lässt. Sie sehnen sich nach Frieden und Sicherheit, und hoffen alle, dass sie irgendwann wieder in ihr wunderschönes Land zurückkehren können.
Wir verbringen die nächsten Tage mit Shopping-Touren, machen eine Bierprobe in einer kleinen Brauerei, fahren in die Hauptstadt, St. Georges, und besuchen mit John und Wendy einen hash im Norden der Insel. Das ist so eine Art Volkslauf, bei dem es eine große Jogging-Runde, sowie eine mittlere und kleine Wander-Runde gibt. Ich gehöre natürlich zu den Joggern, was in der Hitze schon eine Herausforderung ist. Franz schließt sich den anderen in der mittleren Wander-Runde an. Die Route geht über Stock und Stein, mal am Strand entlang, mal über Wiesen, steile Hügel hinauf und hinunter, und mehrmals sind Flüsse zu durchqueren. Ich bin überrascht, dass ich nach einigen Kilometern, obwohl ich mangels Gelegenheit wirklich nicht gerade gut in Form bin, mehr und mehr Männer überhole, die zwar schnell angefangen haben, nun aber ins Laufen übergegangen sind. Irgendwann bin ich zusammen mit vier anderen Männern in einer Gruppe, und wir müssen die Strecke anhand von Papierschnipseln, die als Wegweiser hier und da auf den Boden gestreut wurden, suchen. Aber es klappt ohne Verlaufen, und am Schluss komme ich als zweite Frau ins Ziel. Franz kommt ebenfalls nass (durch den Fluss und den Schweiß) und glücklich ins Ziel und wir schauen den armen hush-Erstlingen zu, die eine Bierdusche bekommen. Dies ist ein Brauch, von dem uns vorher erzählt wurde, und deswegen wir uns nicht als hush-Anfänger zu erkennen gegeben haben. Gottseidank, denn es gibt keine Duschen hier.
Wir machen auch einen Ausflug zu den Annandale-Waterfalls, die zwar schön an einer tropisch be
wachsenen Felswand runterrauschen, aber leider, wegen eines gerade ankernden Kreuzfahrt-Riesen, total überlaufen sind. Einige Meter vom Wasserfall entfernt, geht ein Pfad in den Regenwald, dem wir eine zeitlang folgen. Hier ist kein Mensch, und wir genießen die Natur und die Ruhe.
Wenn man auf den Inseln von A nach B gelangen will, fährt man am Besten mit den Mini-Bussen, auch Maxi-Taxi genannt, die bestimmte Bus-Linien abfahren. Das sind Kombis mit bis zu 16 Sitzen, die halten, wenn man ein Handzeichen gibt. Es ist superbillig und sehr unterhaltsam, weil man mit vielen Einheimischen in Kontakt kommt. Manchmal wird es recht kuschlig – wir sind auch schon mal 21 Mitfahrer gewesen. Dabei wird immer mehr zusammengerutscht, Kinder und Gepäck auf den Schoß genommen, und der Letzte musste da sitzen, wo der Abfalleimer stand, und den Eimer auf den Schoß nehmen. Wenn einer von ganz hinten aussteigen will, müssen erst alle anderen raus, und dann alle wieder rein. Aber man kommt für wenig Geld ziemlich weit rum.
Wir erkunden auch noch die ruhigere St. David`s Harbour. Wir treffen einen Fischer, der sich gerade eine Brotzeit aus Seeigeln kocht.
Auch Calivigny Harbour, ein rundum eingeschlossenes Inlet mit schönen Häusern und Gärten, gefällt uns mit seinen angrenzenden Hügeln sehr gut. Leider lädt das Wasser hier nicht zum Schwimmen ein, weil es durch den fehlenden Austausch nicht sehr schön ist. Aber sonst ist es hier sehr ruhig und schön. Beim Landgang denken wir nicht an die Tide, und unser Dinghi wird unter dem Steg eingeklemmt. Der Motor übersteht es gottseidank, aber die Paddel brechen. Notdürftig werden diese mit Bordmitteln verstärkt, genietet und geklebt und sind dadurch wieder einsatzfähig.
Wir sind schon sehr aufgeregt. Unser Sohn Daniel und unsere zukünftige Schwiegertochter Alexandra besuchen uns in Grenada. Wir verbringen die Zeit bis zu ihrer Ankunft damit, das Schiff zu reparieren. Ja, ja, wenn unsere Lesergemeinde meint, wir lägen nur faul rum und lassen uns die Sonne auf den Pelz scheinen, dann habt ihr euch aber sehr getäuscht. An einem Schiff gibt es immer etwas zu reparieren. Und wenn es bald 30 Jahre alt ist wie unseres, dann erst recht. Kurz nach unserem Auslaufen aus Trinidad haben wir Probleme am Lenkgestänge feststellen müssen (die Lenkung hat immer mal einen harten Punkt, an dem nur mit einer ruckartigen Bewegung das Weiterlenken möglich ist). Eine blockierende Lenkung ist aber sowohl auf dem Wasser, als auch an Land ein nicht tolerierbares Manko. Außerdem ist eines Morgens der Kühlschrank nicht mehr kalt. Eine augenblicklich durchgeführte Fehlerdiagnose ergab als Resultat ein nicht funktionierendes Thermostat. Da dieses hier in Grenada nicht zu beschaffen ist, müssen wir es aus Deutschland herschaffen ( obwohl das Ersatzteil auf der Nachbarinsel Trinidad vorhanden war, ist der Versand von Deutschland schneller und preiswerter).
Als Daniel und Alex ankommen, zeigen wir ihnen die Hauptstadt, St. Georges, wo wir den hübschen Altstadt-Hafen, das Schokoladen-Museum (die Schoko-Rum-Kugeln im dortigen Cafe sind sensationell), und den Fisch- und Gemüse-Markt besuchen. Wir kochen zusammen mit Michael, einem einheimischen Koch, der seit vielen Jahren in Deutschland lebt und dort ein Restaurant hat. Er hat uns in sein Haus eingeladen, wo es leckeren Mahi-Mahi mit viel Gemüse, Kochbananen und Süßkartoffeln, sowie einer sagenhaften Krebs-Soße gibt. Zum Nachtisch steuern wir Dampfnudeln mit Vanille-Soße bei. Karibik trifft Deutschland. Lecker!
Außerdem testen wir unser aufblasbares Kayak, das wir tags zuvor von einem anderen Cruiser geschenkt bekommen haben. Es ist genau das, wonach wir schon immer Ausschau gehalten haben, und wir sind froh, dass wir uns gleich auf das Angebot in der frühmorgendlichen Cruiser-Funk-Runde gemeldet haben. Glück gehabt.
Auf unserem Weg in den Norden besuchen wir noch den Unterwasser-Skulpturen-Pfad, und sind begeistert von Ronde Island. Dort ankern wir direkt an einer Küste, wo man fantastisch schnorcheln kann. Franz und ich sehen unter anderem eine ganze Gruppe von Sepien, die witzigerweise nicht hintereinander, wie andere Fische, sondern schön aufgereiht nebeneinander schwimmen. Weiter geht es nach Carriacou, von wo aus Daniel und Alex mit der Fähre wieder zurück nach Grenada fahren.