30.12.2018
Nun sind wir eine Woche unterwegs und haben schon Einiges erlebt. An Heiligabend kamen wir noch bis Anclote Key, wo wir über Nacht vor Anker lagen. Wir hatten einen dramatisch schönen Sonnenuntergang auf See, und fuhren und segelten dann weiter über die Boca Ciega Bay und Tampa Bay, von wo aus wir über den Anna-Maria-Sound in den Intracoastal-Waterway bis zur großen Sarasota-Bay kamen. Auf dieser mal engen, mal weiten Wasser-Autobahn kommen immer wieder Brücken, die man passieren muss. Das können feste Brücken sein (egal wie hoch, man meint immer, dass das Mastende hängen bleibt), oder aber Hebe- oder Schwingbrücken, die man anfunken muss, damit man passieren kann. Das haben wir aber erst rausgefunden, nachdem wir 45 Minuten vor einer Brücke gewartet, und uns gewundert haben, warum der nicht aufmacht.
In der Sarasota-Bay, die ungefähr so groß wie der Chiemsee ist, hatten wir schönen Segelwind und wenig Welle, und nutzten die Gelegenheit, um unser Schiff auszuprobieren, und zu üben. Es segelt sich sehr ruhig und stabil, gerade bei Anlege- und Hafenmanövern macht sich die Masse des Schiffes jedoch durch Trägheit bemerkbar. Der einklappbare Kiel und das Ruder sind im Flachwasser extrem praktisch und verhindern bei Grundberührung größere Schäden. Unsere kleineren und größeren Anfangsfehler, verzeiht unsere Aton ohne Weiteres. Es macht Spaß, mit ihr unterwegs zu sein, und wir haben uns schon gut an das Bordleben gewöhnt.
Von der Sarasota-Bay ging es wieder über den Intracoastal weiter bis Venice, das amerikanische Venedig. Es ist ein schönes, geschütztes Inlet, wo es aber wegen der geringen Wassertiefe nicht viele Ankerplätze gibt. Wir drängelten uns zwischen zwei kleinere Segelyachten, und wurden vom Nachbarn gleich darauf aufmerksam gemacht, dass wir bei auslaufendem Wasser wohl auf ihn auflaufen, weil er auch am Heck einen Festmacher hat, und so nicht schwoien kann. Also haben auch wir mit dem Dingi einen Heckanker ausgebracht, was unser großes Glück war. Aber der Reihe nach:
Wir beschlossen, die „Historic City of Venice“ zu besuchen (was halt in Amerika so als historisch gilt), und fuhren mit unserem Dingi ungefähr eine bis zwei Meilen bis zum Dingi-Anleger. Von dort aus bummelten wir durch die tatsächlich italienisch angehauchten Häuser, Shops und Restaurants. Als es schön langsam zu dämmern begann, ging es wieder zurück. Aber leider kamen wir nicht weit, weil der Motor plötzlich ein komisches Geräusch machte, und dann ganz ausfiel. Leider hatten wir gerade heute keine Paddel mitgeschleppt, was uns viel Ärger erspart hätte. Gottseidank waren wir nicht allzu weit vom Ufer entfernt, und paddelten mit den Händen an den Anleger eines Privathauses. Der dort wohnende Amerikaner schickte uns zur Bootsvermietung um die Ecke, um nach einem Taxi-Boot zu fragen. Leider war die Bootsvermietung bereits geschlossen, und auch die freundliche Hilfe eines Restaurant-Managers und seiner Frau, uns irgendein Boot zu organisieren, damit wir wieder auf unsere Aton kommen, schlug fehl. Es hieß, am nächsten Tag ist es bestimmt kein Problem, aber jetzt gerade gibt es keine Möglichkeit.
Jetzt kam noch hinzu, dass meine beginnende Blasenentzündung, die sich schon einige Tage angebahnt hatte, sich just in dem Moment, als Franz sich im Restaurant einen Angus-Burger bestellt hatte, dazu entschied, mit voller Kraft zuzuschlagen. Minütlich wurde es schlimmer, und meine Medikamente hierfür waren natürlich an Bord. Mir war klar, das halte ich nicht lange aus, ich pinkelte schon ständig Blut. Also zum Arzt, oder ins Krankenhaus. Das Hospital war (wieder gottseidank) direkt gegenüber, und ich wurde freundlich untersucht. Das Medikament allerdings gab es nur in einer bestimmten Pharmacy. Also mit dem Taxi dorthin, und das Medikament gleich eingeworfen, es half auch sofort. Nun war es inzwischen Abend geworden, und wir mussten zusehen, irgendein Bett zu organisieren. Dazu muss man wissen, dass das ansonsten ruhige Venice gerade in dieser Weihnachtsferien-Woche total überlaufen ist. Wir fuhren mit einem Taxi zu mehreren Hotels, die alle kein Zimmer mehr frei hatten. Mittlerweile war Franz`Handy schon auf 8% Aku-Leistung gefallen, und drohte, uns auch noch im Stich zu lassen. Das war dann der Moment, wenn andere zum schimpfen und hadern anfangen, da bekommt mein Franz erst mal einen Lachanfall. Soviel Mist auf einmal, das gibt`s doch eigentlich gar nicht, meinte er. Erst 18 Meilen entfernt fanden wir endlich ein Hotelzimmer, und genossen natürlich dort die Annehmlichkeiten (ein großes Bad, eine automische Toiletten-Spülung, Strom und Wasser, soviel man will).
Am nächsten Morgen, als wir wieder bei der Marina angekommen waren, sprachen wir zwei Amerikaner an, die dort gerade mit ihrem Sportboot beim Tanken waren, ob sie uns helfen. Nett, wie die Amerikaner allgemein, und die Boatpeople besonders, sind, nahm er unser Dingi in Schlepptau und brachte uns wohlbehalten wieder zu unserer Aton. Diese lag, dem Heckanker sei Dank, noch genauso friedlich da, wie wir sie verlassen hatten. Thanks for your tow-service and for the friendly help, Nick!
So vergeht eigentlich kein Tag, an dem wir nicht durch irgendwelche, blöde Fehler Wichtiges für die kommende Zeit lernen. Und sei`s nur, dass wir zukünftig immer Paddel im Dingi dabei haben werden.